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Der Unbelehrbare

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Der Unbelehrbare

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Neulich habe ich in der Dresdner Altmarktgalerie auf meine Frau gewartet, weil wir dort Dinge kaufen wollten. Sie mußte aber länger „auf Arbeit” bleiben, sodaß ich die Wartezeit nutzte, mir die Auslage eines Zeitschriftenladens anzuschauen. Und da bekommt man ja eine Menge geboten. Auf dem Titelbild des Spiegels sah ich ein Bild des Heiligen Vaters, schön, allerdings war es überschrieben mit „Der Unbelehrbare“. Hö? Ich hatte im ersten Moment eine ironische Konnotation vermutet, in Wirklichkeit meinten sie doch bestimmt so etwas wie „Der Unbeirrbare“.

Aber nein. Denn darunter stand in gelber Schrift geschrieben: „Ein Papst läßt die Deutschen vom Glauben abfallen.“ Nun wundert einen beim Spiegel ja gar nichts mehr, aber das fand ich dann doch lustig. Quasi von unten konstatieren ihm ein paar Journalisten Unbelehrbarkeit. Man muß ihn nicht lieben (man kann es durchaus!), aber Benedikt XVI. so zu kommen, zeugt doch schon von erheiternder Dreistigkeit. Das hat ungefähr den Beigeschmack dieses Erstsemesters, der beim Mittagstisch in der Mensa inbrünstig erklärt, der Professor habe auf seinem Fachgebiet keine Ahnung, und überhaupt sei alles so schwierig bei ihm.

Reformer versus Traditionalisten

Etwa in diesem Stil geht’s weiter. „Reformer“ und „liberale Katholiken“ werden gegen „Erzkonservative“ und „Traditionalisten“ in Stellung gebracht, die Rollen des Guten und des Bösen sind klar verteilt. Es heißt: „Viele der Menschen, denen Benedikt [bei seinem Deutschlandbesuch] begegnen wird, sind geschieden, schwul, leben in wilder Ehe zusammen oder wollen vom Verbot der Empfängnisverhütung nichts wissen.“ Und dann kommt’s: „Aber obwohl sie katholisch sind, fühlen sie sich nicht als Sünder.“

„Tjahaa!“ will man rufen. Seid Ihr aber! Wer ist das nicht? Und: Hat Jesus etwa nicht mit den Zöllnern gegessen und gerade die Sünder zum Heil berufen? Im Artikel heißt es weiter: „Die Antworten seiner Kirche passen nicht mehr so recht zur deutschen Gesellschaft im 21. Jahrhundert.“ Was allerdings richtig ist. Diese Gesellschaft werde nämlich „täglich dynamischer […], muslimischer, atheistischer, bunter.“ Nach dem Lesen dieser Zeilen schaute ich versonnen auf den Boden, legte die rechte Hand in den Nacken, kratzte meinen Hinterkopf und fragte mich, ob die Kirche nun auch so werden soll?

Die Argumentation wird auch von einer scheinbaren Sorge um die Kirche getragen. Weniger Taufen, weniger Priesterkandidaten, weniger Kirchenbesucher, mehr Kirchenaustritte. Jedenfalls in Deutschland. Der Rest der Welt wird geflissentlich ignoriert. Und auf der Grundlage dieses deutschen Problems verlangen die Autoren eine Liberalisierung der kirchlichen Lehre? Die Gesellschaft werde täglich „bunter“, aber eine vermeintliche Enttäuschung „der Deutschen“ reicht ihnen als Argument?

Verzicht auf bunte Orientierungslosigkeit

Der Artikel läßt die Interpretation zu, daß die Autoren sich ein katholisches Leben wünschen, ohne ihr weltliches Treiben verändern zu müssen. Zumindest wünschen sie es den Katholiken. Nur, das geht eben nicht. Praktizierende Katholiken führen ein anderes Leben als der Rest der Gesellschaft. Sie verzichten sicher nicht auf Teilhabe, aber doch auf diese dynamische und bunte Orientierungslosigkeit.

Hans Küng wurde übrigens auch interviewt. Als ich gerade damit anfangen wollte, kam dann meine Gattin um die Ecke. „Hier“, zeigte ich ihr den Spiegel. „Voll das Pamphlet über den Papst.“ Mein Groll beeindruckte sie nicht. „Dürfen die doch schreiben oder?“ erklärte sie mir. „Klar dürfen die das, aber …“ – „Na siehste.“ Zack. Weg war sie. Zum Einkaufen. Ich durfte ihr dann die Tüten tragen.

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