Wenn man aktuelle Statistiken hinsichtlich der Grundsicherung studiert, ist das besorgniserregend. Die Bildzeitung spricht in ihrer Ausgabe vom Dienstag dieser Woche sogar von erschreckenden Zahlen.
Durch die Zahlen der Bildzeitung und den letzten offiziellen Zahlen der Arbeitsagentur bekommt man einen Einblick, wie es um den deutschen Sozialstaat bestellt ist. Laut der Statistik „Grundsicherung für Arbeitsuchende in Zahlen“ und „Grundsicherung in Deutschland“ lebten im Oktober 2010 in Deutschland 4.766.600 erwerbsfähige Hilfebedürftige gemeinsam mit 1.783.500 nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in 3.507.100 sogenannten Bedarfsgemeinschaften. Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige sind vor allem Kinder unter 15 Jahren, ihr Anteil an dieser Gruppe belief sich zuletzt auf rund 96 Prozent.
Das bedeutet, daß im Oktober 2010 über 6,55 Millionen Menschen in Deutschland auf eine Grundsicherung angewiesen waren. Über 6,55 Millionen Menschen (das sind 8,4 Prozent aller Menschen in Deutschland) können nicht selber – ohne staatliche Hilfe – ihren Lebensunterhalt bestreiten. Von diesen 6,55 Millionen sind 2,037 Millionen Menschen arbeitslos und 665.000 Menschen sind Niedrigverdiener, die zu ihrem Verdienst „aufstocken“ müssen.
Sanktionen nur bei 2,8 Prozent aller erwärbsfähigen Hilfebedürftigen
Von den fast 1,8 Millionen nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sind laut Arbeitsagentur 96 Prozent Kinder unter 15 Jahren. Das bedeutet, daß die Gruppe von nicht erwerbsfähigen Menschen (zum Beispiel aufgrund Krankheit) verschwindend gering ist. Nur gut ein Prozent aller volljährigen Hilfebedürftigen sind nicht erwerbsfähig. Alle anderen könnten arbeiten, wenn sie ein Arbeitsangebot erhalten würden. Sanktionen wegen des Nicht-Annehmens eines Arbeitsplatzes gab es im Durchschnitt nur bei 2,8 Prozent aller erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.
Im Durchschnitt 29 Monate ohne Unterbrechung verbrachten Arbeitssuchende in der Hilfebedürftigkeit (Statistik „Grundsicherung für Arbeitsuchende: Verweildauern von Hilfebedürftigen“, Stand Dezember 2008). Über 300.000 Menschen verdienen sich etwas als Ein-Euro-Jobber dazu und gut weitere 200.000 Menschen absolvieren ein Praktikum oder ein Bewerbungstraining.
Ausländer bekommen mehr als doppelt so oft Hartz IV
Wie die Bildzeitung diese Woche veröffentlichte, bekommen ausländische Mitbürger im Schnitt mehr als doppelt so oft Hartz IV als Deutsche. Mangelnde Bildung ist der Grund für diese Hilfebedürftigkeit. In dieser Statistik sind jedoch nur die Ausländer ohne deutschen Paß erfaßt. Jeder Eingebürgerte mit einem deutschen Paß zählt in der Statistik der Arbeitsagentur als Deutscher.
Diese Woche meldet sich erneut der Paritätische Wohlfahrtsverband zu Wort. Nach Berechnungen des Verbandes sollte der Regelsatz für Erwachsene höher liegen und 416 Euro im Monat betragen. Es soll zusätzlich noch die Voraussetzung geschaffen werden, daß die Möglichkeit der Gewährung einmaliger Leistungen für größere Anschaffungen wieder eingeführt wird.
Zudem ist der Verband der Meinung, daß es nach wie vor „Verfassungsbruch“ sei, was die Regierung plane – denn die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bei der Neuberechnung der Sätze seien nicht eingehalten. Das Verfahren der Bundesregierung sei zum einen nicht transparent, die Datengrundlage sei zudem nicht verläßlich und die Sätze letztendlich nicht realitätsgerecht. Es darf nicht verwundern, daß die SPD nun in der Opposition der gleichen Meinung ist, obwohl Rot-Grün diese Regelsätze damals (fünf Euro niedriger) beschlossen hatten.
> Zwischenbilanz – das Hartz-IV-Experiment
> Grundsätzliches zur Grundsicherung – das Hartz-IV-Experiment