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Konstruktionen

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Wenn Kinder fähig werden, Mama und Papa als „Eltern“ zu begreifen und zu bezeichnen, dann gilt das als Fortschritt und als Zeichen einer gesunden Entwicklung. Das Bilden von Oberbegriffen drückt die Erkenntnis von Zusammenhängen durch die Fähigkeit zur Abstraktion aus.

Nun sind solche Begriffe dennoch, gerade weil sie abstrakt sind, auch immer der Kritik von philosophischer oder wissenschaftstheoretischer Seite ausgesetzt gewesen. Sie würden eigentlich gar nichts bedeuten, hieß es, sie seien eine leere Menge eingebildeter Phantasieprodukte. Unmittelbare Anschauung sei statt desen der Kern der Erkenntnis. Platon wies solche Kritik an seiner an Abstraktion kaum zu übertreffenden Ideenlehre polemisch zurück. Seinen Kritikern attestierte er, wohl das zu besitzen, womit man das Konkrete sieht: die Augen, aber nicht das, womit man das Abstrakte sieht: den Verstand.

In der Geschichtswissenschaft führten in den letzten Jahrzehnten die Kritiker und Dekonstukteure von Allgemeinbegriffen das große Wort. Alles läßt sich schließlich in Teile und in Gerede zerlegen, wenn man Freude daran hat. Was ist schon das Leben des Römers? Ein Diskurs! Was ist der Germane? Eine Konstruktion! Ähnlich erging das der „Kultur“, der „Klasse“ und so weiter und so fort.

Noch kein Ende des Dekonstruktivismus

Bei genauem Hinsehen erweist sich dieser Trend als weitgehend fruchtlose Mode. Die Beliebigkeit der Dekonstruktion führt unvermeidlich zur Gefahr historischer Fehldeutungen. Sicher kann der Historiker behaupten, daß ein Cäsar die Germanen „konstruiert“ habe. Jeder, der einen Begriff definiert, tut dies. Das hat Cäsar aber ohne Zweifel mit einiger Berechtigung getan, denn er reiste nicht als Begriffsakrobat nördlich der Alpen, sondern als Eroberer.

Als solcher nahm er die Germanen als wirklich bestehende Einheit wahr und setzte sie teilweise erfolgeich ein, um „Kelten“ zu besiegen. Da der Beweis des Kuchens immer noch im Essen liegt, dürfte die Partie „Cäsar versus Dekonstruktivist“ hier letztlich wohl 1:0 enden.

Es wäre überzogen, das Ende des Dekonstruktivismus unter den Historikern zu konstatieren. Aber es zeichnet sich doch ab, daß seine Argumentationen im Fach neuerdings an Attraktivität verlieren und – wo gerechtfertigt – auf den teilweise wohlverdienten Spott treffen, vor dem er als intellektuelle Mode in voller Blüte weitgehend geschützt war.

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