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Der Ziege sei Dank

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Cato, Palmer, Exklusiv

Wenn ein iranischer Ayatollah in der FAZ vom 17. November die Frage beantwortet, ob der Koran die Steinigung erlaubt, dann geht das mittlerweile uns alle an – nicht nur, weil wir heute von dieser grausamen Rechtspraxis vieler muslimischer Staaten aufgrund der globalen Massenmedien genaue Kenntnis haben, sondern weil Fragen dieser Art spätestens in wenigen Jahrzehnten sehr konkret unsere eigene Lebenswelt betreffen. Schon jetzt gehört der Islam, laut unserem Bundespräsidenten, zu Deutschland, und manche Politiker und Religionsvertreter sind der Auffassung, daß Grundgesetz und islamisches Recht (Schari’a) durchaus kompatibel seien.

Es soll uns wohl beruhigen, wenn Ayatollah Seyed Abbas Hosseini Ghaemmaghani, seit 2004 Imam und Vorsitzender des islamischen Zentrums Hamburg, feststellt, daß der Koran die Steinigung nicht gebiete. Leider wird sie auch in keiner Sure – wie von Jesus, als er sich schützend vor die Ehebrecherin stellte (Joh. 8,1-11) – verboten und zudem von vielen islamischen Rechtsschulen aus der angeblich auf Mohammed zurückgehenden Tradition (den Hadithen) abgeleitet, so daß sich Ghaemmaghani gegen die Schari’a zu stellen und für den allseits herbeigesehnten liberalen Euro-Islam zu plädieren scheint.

Er tut dies jedoch vielleicht nur für die Ungläubigen: Seine weitschweifigen Ausführungen über das Verhältnis des Korans als erster Rechtsquelle zur nachgeordneten Überlieferung, die nur zur Klärung strittiger Fragen – von fachkundigen Gelehrten – heranzuziehen sei, führen am Ende zu der dürftigen Antwort, daß der Koran die Steinigung ausschließe, weil er schließlich in Sure 24, Vers 2, hundert Peitschenhiebe für Männer und Frauen, die „Unzucht begehen“, vorschreibe.

Mohammed selbst soll Steinigungen befohlen haben

Dem Einwand, hier seien womöglich nur unverheiratete Personen und folglich keine Ehebrecher(innen) gemeint, für die gemäß der Tradition die Steinigung doch (oder zusätzlich?) gelte, begegnet er mit dem Hinweis auf Sure 4, Vers 25, der für unverheiratete Frauen die Hälfte der für „ehrbare“ (verheiratete) Frauen vorgesehenen Strafe ansetzt; da es aber keine halbe Todesstrafe geben könne, sei auch die Steinigung verheirateter Frauen nicht korankonform.

Bevor wir – und besonders die Frauen unter uns, deren Zeugnis im islamischen Recht weniger gilt als das männliche und zudem von Männern bestätigt werden muß – angesichts dieses Taschenspielerarguments erleichtert aufatmen, sollten wir uns aber fragen, warum der Imam seinen Lesern Sure 4 vorenthält, die in Vers 15 für den freiwilligen außerehelichen Geschlechtsverkehr verheirateter Frauen lebenslangen Hausarrest oder einen nicht näher beschriebenen „Ausweg“ vorschreibt.

Könnte die Nichterwähnung dieser Stelle womöglich damit zusammenhängen, daß sich die Befürworter der durch die Rechtstradition legitimierten Steinigung genau auf diesen „Ausweg“ berufen, den ihnen das so heterogene und widerspruchsvolle Werk des Propheten läßt?

Nach einigen Überlieferungen (etwa den Hadithen nach Al-Buchari) soll Mohammed selbst Steinigungen von Ehebrecherinnen befohlen haben; zudem sei gemäß anderer Hadithen ein sogenannter „Steinigungsvers“ ursprünglich Bestandteil von Sure 33 gewesen und habe als Strafe für Ehebruch die Steinigung verheirateter Männer und Frauen bestimmt.

„Kritische Interpretation“ des Korans

Die Authentizität und die Gründe für die Nichtaufnahme dieses Verses in die kanonisierte Fassung des Korans sind umstritten: textkritische Wissenschaftler sehen in ihm den Versuch, diese bereits in vormuslimischer Zeit gepflegte Hinrichtungspraxis nachträglich zu legitimieren – und einer auf Mohammeds jüngste Frau Aischa zurückgehenden Überlieferung zufolge habe eine Ziege das Blatt mit der entsprechenden Aufzeichnung nach Mohammeds Tod gefressen.

Wer sich über Ghaemmaganis Artikel ärgert, sollte ihn also sicherheitshalber aufheben und keinesfalls an seine Ziege verfüttern, sofern er eine besitzt. Ob ihm die Berufung auf den Hamburger Ayatollah eines Tages etwas nützen könnte, ist allerdings unklar, da die Ausführungen des „Obersten Rechtsgelehrten“, wie ihn die FAZ tituliert, viele Fragen offen lassen. Noch erschreckender als dessen Aus- und Weglassungen aber ist die Tatsache, daß dergleichen in einem deutschen Leitmedium als „kritische Interpretation“ des Korans empfohlen wird – vollkommen kritiklos.

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