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Aufstieg und Fall eines Oligarchen

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In der westlichen Medienberichterstattung wird der 2003 festgenommene und seitdem im Gefängnis sitzende Ex-Oligarch Michail Chodorkowski, ehemals Vorstandsvorsitzender des heute insolventen Ölkonzerns Jukos, häufig als Opfer Putinscher Ränkespiele dargestellt.

Gern wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß Chodorkowski, der derzeit wegen weiterer Betrugsvorwürfe in Moskau in einem zweiten Prozeß erneut vor Gericht steht, aufgrund seiner prowestlichen Grundhaltung in das Visier Putins geraten sei. Dieses (einseitige) Bild versucht Peter Hänseler, der ein Unternehmen in Rußland leitet, in einem Beitrag in der aktuellen Druckausgabe der Züricher Weltwoche (42/2010) zu korrigieren.

Zunächst zeichnet er nach, wie der naturwissenschaftlich begabte Chodorkowski, Mitglied der Jugendorganisation der KPdSU (Komsomol), durch gezielte Instrumentalisierung der Parteinetzwerke Karriere machte. Diese Netzwerke brachten ihn in der Wendezeit 1989/90 unter anderem eine Banklizenz für seine Menatep-Bank ein. Chodorkowskis Bank steht bis heute im Geruch, Milliarden aus dem Fond, der für die Opfer der Tschernobyl-Katastrophe bestimmt war, für betuchte Russen ins Ausland geschafft zu haben. 

Yukos Grundstein für Milliardenvermögen

Seinem Aufstieg in der Jelzin-Ära, die durch eine Art „Wildwest-Kapitalismus“ geprägt war, tat dies indes keinen Abbruch. Der Oligarch legte in dieser Phase den Grundstein für sein Milliardenvermögen, als er den staatlichen Ölkonzern Yukos weit unter Marktwert erwarb. Auch politisch profilierte sich Chodorkowski; einmal als Unterstützer von Jelzin, zum anderen als Geldgeber der liberalen Jabloko-Partei, die dann zu den Kritikern Putins gehörte. Putin war es, der dem Treiben der Oligarchen klare Grenzen setzte.

Kurz nach seiner Wahl zum russischen Präsidenten soll er den mächtigsten Oligarchen des Landes laut Hänseler auseinandergesetzt haben, daß sie in Zukunft die Finger von der Politik zu lassen hätten. „Den Anwesenden muß bewußt gewesen sein“, so Hänseler, „daß sie in ernsthafte Schwierigkeiten gerieten, würde der Kreml seine Drohung wahrmachen und rückwirkende Untersuchungen anstellen.“ Der Hinweis auf die „rückwirkenden Untersuchungen“ betraf vor allem die, um es vorsichtig zu sagen, zweifelhafte Art und Weise, mit der so mancher Oligarch in der Ära Jelzin sein Vermögen zusammengerafft hatte.

Immerhin aber hatte Putin durchblicken lassen, daß das Vermögen der Oligarchen nicht angetastet wird, wenn sie sich aus der Politik heraushielten. Putin suchte mit diesem „deal“ nach Hänseler die „Verfilzung von Macht und Politik“, die Rußland in den Ruin zu treiben drohte, zu entschärfen, ohne „das ganze Wirtschaftssystem zu gefährden“.

Die Politik des „Transfer Pricing“

Die Putin-Gegner Beresowski und Gusinski zogen daraufhin ihre Konsequenzen und verließen Rußland. Nicht so Chodorkowski, der als reichster Mann Rußlands offensichtlich der Meinung war, sich an das „Gentleman Agreement“ mit Putin nicht halten zu müssen. Er finanzierte weiter Duma-Abgeordnete und trat als Kritiker Putin und der Kreml-Politik auf. 2003 ließ Putin seiner Drohung Taten folgen, und Chodorkowski wurde inhaftiert.

Ein Anklagepunkt betraf die Politik innerhalb seines Unternehmensgeflechts, in dem er laut Hänseler das sogenannte „Transfer Pricing“ anwandte; das heißt Tochterfirmen von Jukos „mußten ohne jeden Gewinn Güter an die Holdingsstrukturen verkaufen“.

Die Folge: In den russischen Firmen „fiel praktisch kein Gewinn an“, sondern nur „in den steuerbefreiten Offshore-Gesellschaften der Holding“. Dabei seien nicht nur Minderheitsaktionäre betrogen, sondern auch „Ausführungs- und Zollbestimmungen“ verletzt worden. All das ist auch im Westen strafbar und wird mit Gefängnisstrafen geahndet.

Chodorkowskis fataler Irrtum

Es sei also „irrig“, resümiert Hänseler, Chodorkowski als „sauberen Geschäftsmann“ darzustellen, der „in die Mühlen einer korrupten Justiz geriet“. Durch die Art und Weise, wie er sein Imperium betrieb, wurde er angreifbar. Dazu kam der Glaube, er sei aufgrund seines Reichtums quasi unantastbar. Ein fataler Irrtum, der ihn schließlich zu Fall brachte.

Diejenigen, die dessen ungeachtet aus Chodorkowski ein Opfer oder Märtyrer Putinscher Intrigen machen, rücken sich selbst in ein trübes Licht, wenn sie auf der anderen Seite „übersehen“, mit welch fragwürdigen Methoden Chodorkowski sich den Weg nach oben bahnte. 

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