Die Bundesregierung will Einwanderer vertraglich dazu verpflichten, die deutsche Sprache zu erlernen. Das kündigte Maria Böhmer, die Eingliederungsbeauftragte der Regierung, Anfang dieser Woche an.
Das hört sich zunächst einmal ganz gut an. Zu viele Einwanderer in Deutschland beherrschen die deutsche Sprache nicht gut genug. Auf den zweiten Blick können solche Verträge nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein werden. Die Gründe liegen auf der Hand:
1. Es sind dem Vernehmen nach keine Vertragsstrafen vorgesehen. Somit können Vertragsverweigerer den Deutschen unbeschadet lange Nasen drehen und den Vertrag einfach ignorieren.
2. Man kann niemanden dazu zwingen, die Landessprache zu erlernen. Wirksamer als ein Vertrag wäre es, die deutsche Sprache anziehungskräftiger zu machen. Das erfordert selbstbewußte Sprecher. Wie sieht es aber mit dem sprachlichen Selbstbewußtsein eines Landes aus, dessen Verantwortliche im Augenblick die deutsche Sprache auf zahlreichen Gebieten durch Englisch ersetzen?
3. Die Verträge werden nur die geringe Zahl von Neueinwanderern erreichen. Auf die große Zahl der Nichtintegrierten, deren Familien seit langem in Deutschland leben, dürfte ein Vertrag kaum wirken.
Deutschland ist ein Auswanderungsland
Außerdem wird übersehen, daß Deutschland ein Auswanderungsland ist. In den vergangenen zehn Jahren haben weit über eine Million Deutsche ihrem Land den Rücken gekehrt. Meist handelt es sich dabei um gut Ausgebildete. Wo ist das Programm, mit dem diese Menschen, die nicht integriert werden müssen, zurückgehalten werden?
Doch die Deutschen wandern nicht nur aus ihrem Land, sondern auch innerhalb ihres Staatsgebietes aus: zum Beispiel von den Innenstädten in die Außenbezirke, in die Speckgürtel. Mit den Deutschen wandert häufig auch die deutsche Sprache aus, weil der Ausländeranteil in manchen Großstadtvierteln den Anteil der deutschen Urbevölkerung weit übersteigt. Dort ersetzt ein reduziertes Deutsch, ein Stammeldeutsch („Kiezdeutsch”) die Standardsprache.
Hier gilt es, Anreize zu schaffen, um den verlorenen deutschen Sprachraum zurückzuerobern. Dies kann nur mit der Förderung und Erneuerung deutschen Brauchtums gelingen. Zu viele vermeintlich alter Zöpfe wurden in der Vergangenheit diskreditiert und abgeschnitten, und an deren Stelle trat das kulturelle Nichts, die Beliebigkeit im menschlichen Zusammenleben, der Verlust der Identität. Will man der deutschen Sprache eine Zukunft geben, muß man auch das Selbstbewußtsein der Deutschen stärken; Bindungen ermöglichen, die wieder Halt geben.
Die Bundesregierung sollte also lieber einen Vertrag mit den Deutschen schließen, in dem sie sich dazu verpflichtet, alles zu tun, um das Ansehen der deutschen Sprache und Kultur zu stärken. Auf der anderen Seite verpflichten sich die Bürger zur Sprachtreue. Das wäre doch einmal ein schöner Vertrag!