Vor einigen Wochen wurde die Studie „Die Identität der Deutschen“ der Düsseldorfer „Identity Foundation“ veröffentlicht. Ergebnis: Die Deutschen gehen unbeschwerter und lockerer mit ihrer Nationalität um.
Schön, dachte ich. Endlich sind wir – oder besser gesagt seid ihr Deutschen – auf einem guten Weg. Ein Grund zur Freude für die Patrioten dieses Landes! Aber nein. Statt Freude über das, was bereits gut oder in den vergangenen Jahren wenigstens ein wenig besser geworden ist, gibt es von konservativer Seite mal wieder hauptsächlich verbiestertes Nörgeln.
Nach Ansicht dieser griesgrämigen Menschengattung zeigt die Studie lediglich, daß Deutsche keine „echten“ patriotischen Gefühle, sondern – wenn überhaupt – „Sonn- und Feiertagsgefühle“ für ihr Land hegen.
Gutelaune- und Stammtischpatrioten
Der Durchschnittsdeutsche – also der „Gutelaune-“ und „Stammtischpatriot“ – würde höchstens wie ein Prolet mit seiner Nationalfahne als Lendenschurz während Fußballmeisterschaften betrunken durch die Straßen irren. Apropos Fußballweltmeisterschaft: Die sei laut den Nörglern das Oberpeinlichste, was es zum Thema Patriotismus je gegeben habe. Die Fahnen seien mißbraucht worden, weil die, die sie schwenkten nicht verstanden hätten, was das alles überhaupt bedeutet.
Und wie konnten die ganzen Landsmänner und -frauen nur so frech sein und sich mit Deutschland gerade während solch eines banalen Ereignisses identifizieren, wo sie ja sonst die ganze Zeit normale Spießbürger sind. Sie wüßten doch nicht das Geringste über die deutsche Geschichte, würden kein einziges Gedicht von Goethe kennen und setzten Deutschsein höchstens mit Pünktlichkeit gleich.
Warum diese Arroganz? Vielleicht gönnen die Konservativen dem Rest des Volkes deshalb keine solchen „niederen“ (aber durchaus guttuende) Gefühle, weil sie glauben, das käme einem Rosinen-aus-dem-Kuchen-picken gleich. Patriotisch darf nur sein, wer auch im harten Alltag auf einem gewissen kulturellen Niveau Patriot ist – und dafür eben auch den Preis bezahlt.
Monopol auf Fahnenschwenken
Anscheinend nehmen die Konservativen und Rechten für sich in Anspruch, ein Monopol auf das Fahnenschwenken zu besitzen. Die anderen wissen ja nicht, wie man Deutschland richtig liebt.
Sicherlich gibt es bei den Deutschen immer noch Punkte in Sachen Vaterlandsliebe, die einer Verbesserung bedürfen. Aber das heißt doch nicht, daß alles schlecht ist. (Für viele Konservative anscheinend schon.) Aber vielleicht ist das einfach typisch deutsch.
Die andauernde Selbstkritik und das ständige mit sich Hadern: „Wie fühle ich mich heute gegenüber meinem Land? Bin ich nun ein wirklicher Patriot? Ist das jetzt ein richtiges und echtes Gefühl? Darf ich überhaupt so etwas empfinden?“ Die meiste Zeit verbringen solche Leute damit, sich darüber zu beklagen, daß sie wohl niemals ein ähnlich entspanntes Verhältnis zur eigenen Nation haben dürfen, wie die Menschen in anderen Ländern.
Patriotismus nicht ständig hinterfragen
Allerdings: Auf diese Tour wird das auch nichts! Denn das, was den Patriotismus in anderen Ländern so unbeschwert macht, ist die Tatsache, daß er eben nicht ständig (wenn überhaupt) hinterfragt wird. Die Liebe zur eigenen Nation wird einfach als ganz normal angesehen.
Sie wird ebenso grölend auf dem Sportplatz verkündet, wie an Feiertagen im Parlament. Man empfindet sie beim Anblick der Natur oder bei banalsten Dingen, wie einem Nationalgericht. Na und? Das ist zumindest ehrlich. Und ehrliche Patrioten kann ein Land nie genug haben.