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Letzter Senf zu Tarantino

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Ich wollte das nicht, aber aus externen Gründen habe ich mir den Tarantino-Film „Inglourious Basterds“ angesehen und muß nun ebenfalls meinen Senf dazu loswerden. Im Spiegel philosophierte der Filmkritiker Georg Seeßlen: „In der Welterzählung ist der Nationalsozialismus das absolut Böse; weiter geht es nicht – selbst wenn auch andere Regimes sich grausamer Verbrechen schuldig gemacht haben, so haben sie es doch nicht mit einer solch offensichtlichen Freude, Effizienz und Bedingungslosigkeit, mit einer solch innigen Übereinstimmung von Herrschaft, Volk und Ideologie getan.“ Stets müsse man „sich die Frage stellen, ob dieses absolute Böse aus dem relativ kleinen, mitteleuropäischen Land das Böse ist, das in der ‘Natur des Menschen’, in der Mechanik der Geschichte, in allem lauert. Oder ob es direkt aus der Hölle kommt.“

Mensch, halt die Luft an! Um interessant und subversiv zu sein, hätte der Film sich an die zentrale Mystifikation der „Welterzählung“ wagen und das „absolut Böse“, das vom NS-Deutschland angeblich verkörpert wird, dekonstruieren müssen. Beim „Absoluten“ handelt es sich um eine spezifische Qualität des Bösen: Es wird um seiner selbst Willen getan, eben aus reiner, unverfälschter Bosheit heraus, und findet keine innerweltliche Erklärung und Rechtfertigung.

Ideologische Affirmation

Tarantino spielt mit dieser Mystifikation – und zwar, um Unterhaltungswert daraus zu ziehen und sie schlußendlich zu bekräftigen. Der ganze anarchische Gewaltgestus versandet damit in ideologischer Affirmation und führt den Zuschauer zu der Einsicht, daß die heutige, die US- und Hollywood-dominierte, die besten aller möglichen Welten und Welterklärungen ist.

Wie wäre es zur Abwechslung damit: Ein junger Wehrmachtssoldat, humanistisch gebildet, aus einer Hitler-resistenten Familie stammend, ist gezwungen, am Angriff auf die Sowjetunion teilzunehmen. In Galizien, das die Sowjets knapp zwei Jahre zuvor im Ergebnis des Hitler-Stalin-Pakts in Beschlag genommen haben, sieht er jene Hinterlassenschaft des Geheimdienstes NKWD, die Bogdan Musial im Buch „Konterrevolutionäre sind zu erschießen“ beschrieben hat: Die Leichen zehntausender sogenannter Volksfeinde, durch Genickschuß, mit Maschinengewehren und Handgranaten getötet, in den Gefängnishöfen verscharrt, in Zellen und Kellern aufgestapelt. Ein Film darüber, was in diesem jungen Soldaten vorgeht, wie ihn dieses Erlebnis verändert, wie es sein Handeln beeinflußt – ob der in der freien Bundesrepublik mal möglich sein wird?

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