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Explosionen an der Stadtgrenze

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Endmark hat wieder zugeschlagen und nach 2003 und 2006 jetzt seine dritte Untersuchung über englischsprachige Werbesprüche vorgelegt. In meiner vorigen Kolumne hatte ich mich bereits darüber aufgeregt, daß Sat.1 nun wieder zu einem englischen Erkennungsspruch („Colour your life“) zurückgekehrt ist.

Die erste Endmark-Studie von 2003 hatte belegt, daß nur ein Drittel der Deutschen den damaligen englischen Sat.1-Spruch „Powered by emotion“ verstanden. Daraufhin hatte der Sender als neues Erkennungszeichen die deutschen Worte „Sat.1 zeigt’s allen“ gewählt. Nun also wieder Englisch – nichts dazugelernt.

Wie in den Jahren zuvor ergab die Befragung durch Endmark, daß über zwei Drittel der Verbraucher die englischen Werbebotschaften entweder gar nicht oder falsch verstehen. Wiederum kam es zu verzweifelten Übersetzungsversuchen, etwa „Explosionen an der Stadtgrenze“ für „Explore the City Limits“ (Opel Antara, von 35 Prozent richtig verstanden) oder „Mache Deinen Brotkasten selbst“ für „Broadcast Yourself“ (Youtube, von 30 Prozent richtig verstanden) oder „Lebendig angeknöpft“ für „Live Unbuttoned“ (Levi’s, von 14 Prozent richtig verstanden) oder „Die Welt bittet um Autorität“ für „World‘s Pleasure Authority“ (Langnese, von elf Prozent richtig verstanden).

„Bruch im Gebrauch englischer Vokabeln“

Endmark hat festgestellt, daß es in den neunziger Jahren zu einem „Bruch im Gebrauch englischer Vokabeln“ gekommen ist, „der sich darin gestaltete, daß nicht mehr Englisch aus der Umgangssprache reflektiert wurde, sondern erstmals auch semantische und syntaktische Elemente der englischen Sprache genutzt wurden, die keinesfalls zur bestehenden Umgangssprache gezählt werden konnten“.

Daraus ergeben sich Verständnisschwierigkeiten. Auf den Einwand, daß man doch nicht alles verstehen müsse, antwortet Endmark, daß dann der Erkennungsspruch letztlich entbehrlich ist, ja sogar zu den eben erwähnten Mißverständnissen führen könne.

Trotz einiger Unternehmen, die aufgrund der Endmark-Untersuchungen wieder auf Deutsch umstellten, weist Endmark nach: „Es hat sich seit 2003 wenig geändert an der Beliebtheit der englischen Sprache bei den Werbern zum einen und der Unkenntnis dieser Sprache bei vielen Konsumenten zum anderen.“

Die Entscheider sitzen im englischsprachigen Ausland

Endmark gibt auch die Antworten, warum dennoch so viele englischsprachige Werbesprüche verwendet werden:

1. Die Entscheider sitzen im englischsprachigen Ausland und steuern von dort die jeweiligen Kampagnen in Deutschland.

2. Es ist die Politik der Marke, weltweit mit demselben englischsprachigen Spruch aufzutreten, außer in den Ländern, die es durch Sprachgesetz untersagen (zum Beispiel Frankreich).

3. Das Unternehmen möchte sich einen internationalen Anstrich geben. Die englische Sprache wirkt für viele Werber moderner, jugendlicher, weltläufiger und weniger umständlich als die deutsche Sprache.

4. Einfallslosigkeit und mangelnde Kreativität der Werber fällt einem deutschen Publikum weniger auf, wenn man sie englisch verpackt. So würde der ins Deutsche übertragene Sat.1-Spruch „Bring Farbe in dein Leben“ über vierzig Jahre nach der Einführung des Farbfernsehens nicht besonders originell wirken. Auf englisch falle diese Phantasielosigkeit weniger auf.

Für die deutsche Sprachpolitik ergeben sich aus diesen Erkenntnissen meiner Meinung nach folgende Schlußfolgerungen:

1. Wir müssen den Ruf der deutschen Sprache im In- und Ausland verbessern und Werbung für die deutsche Sprache machen. Das setzt einen selbstbewußten Umgang mit der eigenen Sprache und Kultur voraus. Die Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz könnte dabei unterstützend wirken.

2.  Wir müssen aufklären, daß auch die deutsche Sprache ihre Vorzüge hat. Das erreicht man nicht dadurch, daß man sich für sie schämt oder das Vorurteil „Deutsche Sprache – schwere Sprache“ pflegt. Die deutsche Sprache steht für Nähe, Gefühl, Echtheit und Nachhaltigkeit. Die vermeintliche Umständlichkeit ist in Wirklichkeit Genauigkeit und Ausdrucksstärke!

3. Wir müssen Unternehmen, die in Deutschland auftreten, davon überzeugen, sich selbst dazu zu verpflichten, die Sprache ihrer Kunden zu sprechen. Sollte die freiwillige Selbstverpflichtung nicht wirken, muß in einem nächsten Schritt über gesetzliche Maßnahmen wie in anderen Ländern nachgedacht werden. Einen Entwurf für ein solches „Sprachgesetz“ findet man seit acht Jahren im Netzauftritt der Deutschen Sprachwelt.

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