Anzeige
Anzeige

Bald 15 Euro pro Stunde?: Warum der Mindestlohn zynisch ist

Bald 15 Euro pro Stunde?: Warum der Mindestlohn zynisch ist

Bald 15 Euro pro Stunde?: Warum der Mindestlohn zynisch ist

Auf einer Wahlkampfveranstaltung halten SPD-Mitglieder Schilder mit Mindestlohnforderungen hoch. Das könnte der Wirtschaft schaden.
Auf einer Wahlkampfveranstaltung halten SPD-Mitglieder Schilder mit Mindestlohnforderungen hoch. Das könnte der Wirtschaft schaden.
Die 15-Euro-Mindestlohnforderungen der SPD aus dem vergangenen Wahlkampf schrecken führende Wirtschaftsverbände auf. Foto: IMAGO / Maximilian Koch.
Bald 15 Euro pro Stunde?
 

Warum der Mindestlohn zynisch ist

Arbeit muß sich lohnen – auch für den Arbeitgeber. Das hat Schwarz-Rot offenbar vergessen, als es mitten in der Stagnation ohne Rücksicht auf Folgen höheren Mindestlohn versprach. Ein Kommentar von Reiner Osbild.
Anzeige

Die SPD-Abstimmung über den Koalitionsvertrag läuft noch, da zanken sich die Regierungspartner schon über Auslegung und Details des Mindestlohns. Die SPD droht mit einer gesetzlichen Anhebung von derzeit 12,82 Euro je Stunde auf 15 Euro im kommenden Jahr, sollte die von den Tarifparteien bestückte Mindestlohnkommission darunter bleiben und damit die EU-Richtlinie von 60 Prozent des mittleren Stundenlohnes unterschreiten. Es verbietet sich der Vergleich zu dem im Jahre 2015 eingeführten Mindestlohn. Dieser betrug 8,50 Euro; sollte er tatsächlich auf 15 Euro steigen, so wäre das ein Plus von 76 Prozent, verglichen mit rund 50 Prozent bei der allgemeinen Stundenlohnentwicklung.

Ferner fiel der ursprüngliche Mindestlohn mitsamt der anfänglich moderaten Steigerungen in eine Periode wirtschaftlicher Stärke Deutschlands – von der heuer nicht viel übriggeblieben ist. Jedenfalls mußte Wirtschaftsminister Robert Habeck jüngst die Stagnation der deutschen Wirtschaft verkünden.

Für Arbeitslose steht der Mindestlohn nur auf dem Papier

In einer solchen Situation fällt es Firmen schwer, die höheren Lohnkosten auf die Produktpreise und damit den Verbraucher zu überwälzen. Folglich wird es vermehrt zu Nichteinstellungen und Entlassungen kommen – bei bereits 4,9 Millionen erwerbsfähigen Leistungsempfängern laut Bundesagentur für Arbeit. Mehrere Argumente pro Mindestlohn gilt es zu hinterfragen. So soll der Lohnabstand zu den hohen Sozialleistungen wieder hergestellt werden.

Statt jene zu kürzen, werden kurzerhand die Firmen belastet. Im Hinterkopf der Politiker scheint ein traditionelles Familienbild vorzuherrschen, mit einem Alleinverdiener, der die Familie durchbringen muß. Tatsächlich sind oft beide Partner berufstätig; vielfach sind keine Kinder zu versorgen. Dann würde auch die Frau eines Spitzenbeamten durch den Mindestlohn „geschützt“. Auch seien die Arbeitgeber gezwungen, die Produktivität zu erhöhen. Allerdings steigt die Produktivität der Beschäftigten nur im Durchschnitt, weil die unproduktivsten Mitarbeiter entlassen werden.

Arbeitslose oder von einer Entlassung Bedrohte werden ihre Nachfrage zurückfahren, so daß auch das Argument, die Konsumausgaben würden profitieren, nicht unbedingt sticht. Für diese Menschen steht der Mindestlohn nur auf dem Papier; eine zynische Politik blendet dies offenkundig aus.


Rainer Osbild ist seit 2015 Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Emden/Leer.

Aus der JF-Ausgabe 19/25. 

Die 15-Euro-Mindestlohnforderungen der SPD aus dem vergangenen Wahlkampf schrecken führende Wirtschaftsverbände auf. Foto: IMAGO / Maximilian Koch.
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag