Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat die Wahrheits- und Qualitätsmedien der Bundesrepublik mit der DDR-Presse verglichen, die Schweizer Presse zum neuen „Westfernsehen“ nobilitiert und spätestens damit seine Entlassung aus dem Staatsdienst nachträglich gerechtfertigt. Der Grünen-Politiker Volker Beck twitterte lauernd: „Wir haben also nach Ihrer Ansicht, geschätzter Herr Maaßen, in Deutschland Zensur & staatlich gelenkte Medien wie in der DDR?“ Streicht man der Einfachheit halber „wie in der DDR“, dann lautet die Antwort: Ja. In der Bundesrepublik anno 2019 findet durchaus Zensur statt. Ja, Medien werden staatlich gelenkt. Und jeder weiß das.
Als ein Beispiel für Zensur sei die Entfernung von Rolf Peter Sieferles Buch „Finis Germania“ aus der Spiegel-Bestsellerliste genannt. Was die Lenkung der Medien betrifft, sucht man direkte Weisungen aus dem Kanzleramt oder einem Ministerium selbstverständlich vergeblich. Auf so simple Weise funktioniert die smarte Version des Gesinnungsstaates nicht. So haben übrigens nicht einmal die DDR oder das Dritte Reich funktioniert.
Studie: „Auf den Spuren der Lügenpresse“
Der englische Historiker Ian Kershaw hat mit der Formel „Dem Führer entgegenarbeiten“ ein Leitmotiv innerhalb der NS-Diktatur beschrieben und damit wohl einen deutschen Wesenszug getroffen. Seit 2015 arbeitet das mediale, universitäre, kulturelle Milieu getreulich der Kanzlerin entgegen. In der gesamten Geschichte der Bundesrepublik waren die Medien noch nie so regierungsfromm und oppositionsfeindlich wie derzeit.
Wolfgang Herles, ehemaliger Leiter des ZDF-Studios Bonn, räumte Anfang 2016 ein, es gebe „tatsächlich Anweisungen von oben. Auch im ZDF sagt der Chefredakteur: Freunde, wir müssen so berichten, daß es Europa und dem Gemeinwohl dient. Da braucht er in Klammern gar nicht mehr dazusagen: Wie es der Frau Merkel gefällt.“ In „besonderen Zeiten“ werde das ZDF zum „Gesinnungssender“.
Diesen Befund hat die Studie „Auf den Spuren der Lügenpresse. Zur Richtigkeit und Ausgewogenheit der Medienberichterstattung in der Flüchtlingskrise“ der Universität Mainz indirekt thematisiert. So meldete der Mediendienst „Horizont“, die untersuchten Berichte seien der Studie zufolge „weitgehend korrekt, aber nicht immer ausgewogen“ gewesen. Wenn Schalke und Dortmund sich 4:4 trennen und die Medien melden, Dortmund habe vier Tore geschossen, wer will behaupten, das sei nicht korrekt?
Keiner will als Schwarmfeind gelten
Gezielt verheimlicht und verharmlost wird speziell seit 2015 die Migrantenkriminalität. Im Oktober 2015 etwa war in den Kieler Nachrichten zu lesen, die Landespolizei habe Journalisten inoffiziell aufgefordert, „relevante Ereignisse“ zur Flüchtlingslage zu verschweigen. Im November 2015 beklagte ein LKA-Beamter in der Hannoverschen Allgemeinen, daß die Polizei Flüchtlingskriminalität, speziell Vorfälle in den Unterkünften, herunterspiele – für den „zivilen Frieden“. Nach der Kölner Silvesterkirmes gaben mehrere Polizisten zu Protokoll, Gewalt durch Asylbewerber werde systematisch verheimlicht. „Es gibt die strikte Anweisung der Behördenleitung, über Vergehen, die von Flüchtlingen begangen werden, nicht zu berichten“, sagte ein hoher Polizeibeamter der Bild-Zeitung.
Aber sogar das war doch in den Medien zu lesen! Ist das nicht ein Beleg dafür, daß die Presse frei ist? Solche Mechanismen funktionieren auch und gerade dann, wenn sie offen zutage liegen. Die Zensur in der DDR war überwiegend Selbstzensur. Die Journalisten waren so gut dressiert, daß eine Zensur kaum nötig war. Wenn Medien, die mit einer staatlichen Zwangssteuer großzügigst finanziert werden und deren Intendantensessel proporzgenau mit Parteikadern besetzt sind, als Staatsmedien agieren, sollte das eigentlich niemanden wundern.
Und die seltsame Diskussion darüber betreffend, wie genau die jeweils zeitgeistkonforme Ansicht den Weg zu den Redakteuren finden möge: Was eine Sardine vermag, kann doch ein Journalist erst recht! Im Grunde ist diesen Leuten außer Opportunismus wenig vorzuwerfen. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen die Richtung vorgeben, wenn große Magazine mitziehen, was soll die arme Lokalredaktionssardine dann tun? Den Schwarm verlassen? Um zuletzt allein und als Schwarmfeind dazustehen?
Restle hätte fürs DDR-Fernsehen getaugt
Wenn eine ehemalige SED-Genossin und DDR-Juristin, die vor der Wende gegen die „aggressivsten und reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals“ anschrieb, Vorsitzende der ARD werden und ihren Job darin sehen konnte, „den Positionen der AfD den Boden zu entziehen“, wenn die SPD-Politikerin Maria Luise „Malu“ Dreyer zugleich Ministerpräsidentin, Vorsitzende der Rundfunkkommission sowie Vorsitzende des Verwaltungsrates des ZDF ist und im ZDF von der Ex-SED-Genossin Maybrit Illner interviewt wird – also Angestellte befragt Chefin –, dann ist längst zusammengewachsen, was in diesem Land wohl leider Gottes zusammengehört.
Für einen Menschen, der fast drei Jahrzehnte in der DDR verbracht hat, ist Maaßens Bemerkung, die NZZ sei für ihn so etwas wie das neue Westfernsehen, übrigens nicht unbedingt ein Kompliment. Für unsereinen war jene BRD, die von Klaus Bednarz präsentiert wurde, ein Land, in das man lieber nicht ausreisen wollte. (Vielleicht sollten die alten „Monitor“-Sendungen heute zur Abschreckung in Afrika ausgestrahlt werden?)
Georg Restle, der aktuelle „Monitor“-Chef, hat vergangene Woche in den „Tagesthemen“ gefordert, der AfD „keinen Raum, keine Bühne und erst recht keine Stimme“ zu geben, also die völlige Ächtung der Opposition. Dieser Beitrag hätte auch im DDR-Fernsehen laufen können. Ein Witzbold könnte sagen: Ist er doch.