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Neuötting: Mit Kopftuch und Dirndl für Erdogan

Neuötting: Mit Kopftuch und Dirndl für Erdogan

Neuötting: Mit Kopftuch und Dirndl für Erdogan

Erdogan-Schal
Erdogan-Schal
Erdogan-Schal (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa
Neuötting
 

Mit Kopftuch und Dirndl für Erdogan

Im oberbayerischen Neuötting hat eine türkischstämmige SPD-Stadträtin mit einer Erdogan-Fahne provoziert. Eine Empörung blieb weitestgehend aus. Der Fall zeigt, welch niedrige Ansprüche – selbst in Bayern – mittlerweile an die Integration von Ausländern gestellt werden. <>Ein Kommentar von Boris T. Kaiser.<>
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Im oberbayerischen Neuötting hat eine Politikerin der SPD fast eine Woche lang eine Propaganda-Fahne von Recep Tayyip Erdogan aus dem Fenster ihres Wohnhauses gehängt. Bei der Politikerin handelt es sich um Saniye Can. Ihre Flagge trug die Aufschrift „Stehe aufrecht, bleibe unbeugsam, die Menschen sind mit Dir“. Dazu das Konterfei des türkischen Despoten. Sie ist die erste türkischstämmige Stadträtin in ihrem Landkreis.

Can ist außerdem Referentin ihrer Stadt für Integration. Bei ihrer Vereidigung trug sie einen fliederfarbenen Hidschab. Daß man sie dennoch für das Amt der Integrationsreferentin für geeignet hielt und sich bisher – nicht einmal in der CSU – allzu großer Widerstand gegen sie regte, liegt wohl daran, daß die SPD-Frau, die vor 17 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, auch regelmäßig Dirndl trägt. Auch in Bayern ist man, was die Integration angeht, offenbar inzwischen sehr bescheiden bis nahezu völlig anspruchslos geworden.

Hintergrund soll ein Nachbarschaftsstreit gewesen sein

Selbst jetzt, nachdem sie mit ihrem Bekenntnis zu Erdogan ziemlich eindeutig Flagge zeigte, hält sich die Empörung in Grenzen. CSU-Fraktionssprecher Klaus Angermaier sprach lediglich von einem gleichermaßen „unangenehmen wie ärgerlichen Vorfall“.

Der Bürgermeister und SPD-Ortsvorsitzende von Neuötting, Peter Haugeneder, wollte, zu dem merkwürdigen Gebaren seiner obersten Beauftragten für Integration nicht einmal Stellung nehmen. Can „möge sich selbst äußern“, so das Stadtoberhaupt.

Inzwischen hat sie sich geäußert. Sie habe die Fahne, „nur zum Ärgern der Nachbarn“, aufgehängt. Mit diesen befindet sich die Familie der türkischstämmigen Politikerin offenbar seit längerem im Clinch. Auslöser des Streits sei ein Hahn gewesen, der sich im Besitz der Familie Can befand.

Aufrichtige Demokratin

Die Beflaggung soll also Teil dieses Nachbarschaftskrieges gewesen sein. Sie habe nicht gedacht, „daß das so negative Auswirkungen hat“, sagte die Sozialdemokratin. Verständlich. Wenn sich schon kaum mehr einer daran stört, daß eine bayerische Referentin für Integration bei ihrer Vereidigung demonstrativ ein Symbol der islamischen Frauenunterdrückung trägt, macht eine Erdogan-Fahne den Ziegenbock eigentlich auch nicht mehr fett.

Warum Saniye Can ihre Nachbarn ausgerechnet mit einem solchen Erdogan-Banner zu „ärgern“ versuchte, wollte sie, auch auf mehrere Nachfragen, nicht erklären. Die SPD-Bundestagskandidatin für den Wahlkreis, Annette Heidrich, nimmt ihre Parteifreundin in Schutz. „Ich kenne Saniye Can als aufrichtige Demokratin.“ Sie habe mit ihr telefoniert. Sie sei „fertig mit den Nerven“ und habe sich „von den Nachbarn gemobbt gefühlt“. Als Sozialdemokratin sei Can aber keine Befürworterin von Erdogan.

Mag sein, daß die „aufrechte Demokratin“ Saniye Can als Sozialdemokratin tatsächlich keine echte Erdogan-Befürworterin ist. Sehr gut möglich ist es aber auch, daß die erzkonservative muslimische Kopftuchträgerin als Erdogan-Anhängerin keine echte Sozialdemokratin ist.

Erdogan-Schal (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa
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