Wieder mal ein Kapitel aus der unendlichen Reihe „Aufreger, die es nur in Deutschland geben kann“. Diesmal: ein neuer Fall von Nationalfarbenallergie. Die befällt nicht nur die Kanzlerin, wenn einer ihrer Paladine eklige schwarzrotgoldene Winkelemente schwenkt, sondern auch den brandenburgischen Landeskonservator Thomas Drachenberg, wenn er den frisch gepflasterten Fußweg zur sowjetischen Kriegergedenkstätte auf den Seelower Höhen sieht.
Daß der jetzt wieder in Schwarz-Rot-Gold mit grauem Seitenstreifen leuchtet, macht den Denkmalschützer „fassungslos“, berichtet die Märkische Oderzeitung (MOZ). Bloß: warum? Plagt ihn die Furcht, einem Russen könnte es sauer aufstoßen, sich der Kolossalstatue eines Rotarmisten auf Betonplatten in den deutschen Nationalfarben zu nähern?
Dafür gibt es keinen rationalen Grund. Niemals in der Geschichte hat eine deutsche Armee unter Schwarz-Rot-Gold mit einer russischen die Klingen gekreuzt, mit einer sowjetischen schon gar nicht. Und das Ehrenmal samt Anlage steht unstreitig immer noch auf deutschem Boden, es gehört dem Landkreis Märkisch-Oderland.
Ursprünglicher Zustand
Die republikanischen Nationalfarben hatte übrigens auch jene Republik ganz selbstverständlich angenommen, die die siegreiche Sowjetmacht als das andere, bessere Deutschland installiert hat und die dort immerhin vier Jahrzehnte bestand. In der Staatsflagge mit Ährenkranz, Hammer und Zirkel (Frau Merkel erinnert sich gewiß noch), im Emblem der „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ ohne, dafür mit der Sowjetflagge mit einem blauen Band vereint.
Das sei wohl auch der ursprüngliche Sinn der 1972 angelegten Bepflasterung gewesen, meint der oderländische SPD-Landrat Gernot Schmidt. Bei der überfälligen Instandsetzung habe man nämlich festgestellt, daß die Steine ursprünglich genau diese Farbgebung hatten, die sei nur auf der Oberseite verwittert gewesen.
„Es ist natürlich erstaunlich, daß die Farben unserer Fahne heute für Unmut sorgen. Aber hier wird wie gefordert ein geschützter Zustand so wiederhergestellt, wie er zu DDR-Zeiten angelegt worden ist“, verteidigt sich der Landrat. Man habe „genau die Anforderung des Landesamtes erfüllt. Nur hat sich dort die Einstellung dazu wohl geändert“.
„Abwegige Idee“
Aber so einfach kommt der sozialdemokratische Landrat Schmidt nicht davon. Die „abwegige Idee“, in Deutschland einen Weg „mit neuen Gehwegplatten zu versehen, die eine Deutschlandfahne nachbilden, ist völlig unverständlich und muß dringend korrigiert werden“, beharrt Landeskonservator Drachenberg. Die Platten des eben sanierten Weges, für den drei Spender 45.000 Euro gestiftet haben, müssen wohl wieder herausgerissen werden.
Im Kommentarbereich zum MOZ-Artikel meldet sich auch schon ein Schlaumeier, der genau wissen will, daß die Platten zu „DDR“-Zeiten ganz anders aussahen: Grau-Rosa-Blaßgelb statt Schwarz-Rot-Gold. Da hätte keiner an eine Deutschlandfahne gedacht.
Vielleicht ist das ja das Heilmittel für Nationalfarbenallergiker vom Schlage der Kanzlerin oder des brandenburgischen Landeskonservators: einfach einen heimeligen „DDR“-Grauschleier über alles drüberziehen. Und kurz staunen, daß ein Denkmalschützer im wiedervereinigten Deutschland in seiner vorauseilenden Unterwürfigkeit sowjetischer als die „DDR“ sein möchte.