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Der „Fall Gurlitt“: Unter die Räuber gefallen

Der „Fall Gurlitt“: Unter die Räuber gefallen

Der „Fall Gurlitt“: Unter die Räuber gefallen

Gurlitt
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Namensschild an der Wohnungstür von Cornelius Gurlitt in München: Der Skandal ist nicht zu Ende Foto: picture alliance/Sueddeutsche Zeitung Photo
Der „Fall Gurlitt“
 

Unter die Räuber gefallen

Der Münchner Kunstsammler Cornelius Gurlitt erhält seine Bildersammlung zurück. Die kriminellen Machenschaften, von denen die Staatsanwaltschaft ausging, haben sich nicht bestätigt. Um so mehr stellt der Fall eine Anhäufung von Ungeheuerlichkeiten dar. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Der Münchner Kunstsammler Cornelius Gurlitt erhält seine Bildersammlung zurück. Die kriminellen Machenschaften, von denen die Augsburger Staatsanwaltschaft ausging, haben sich nicht bestätigt. Um so mehr stellt der „Fall Gurlitt“ eine Anhäufung von Ungeheuerlichkeiten dar.

Unter dem Vorwand eines Steuervergehens wurde die Privatsphäre dieses stillen Greises zerstört, wurde ihm sein Eigentum entzogen und er als ein Alberich, der in seiner „vermüllten“ Wohnung einen „Nazi-Schatz“ aus „Raubkunst“ hortet, den Medien zum Fraß vorgeworfen.

Das Verfahren stand unter massivem politischen Druck. Sogar das Bundeskanzleramt schaltete sich ein, um, wie ein Spiegel-Reporter schrieb, „der jüdischen Gemeinschaft zu demonstrieren“, daß Deutschland „sich tatsächlich bemüht, den Erben von NS-Opfern, denen Kunstwerke geraubt wurden, späte Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“.

Erinnerung an die Praxis der DDR-Behörden

Der Skandal ist nicht zu Ende. Inzwischen mußte Gurlitt einen Vertrag mit der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern unterzeichnen, in dem er sich bereit erklärt, die Sammlung von Experten untersuchen zu lassen und mögliche Raubkunst zurückzugeben.

Erinnert sei an die Praxis der DDR-BehördenUnter die Räuber gefallen, Privatbesitzer von Kunst und Antiquitäten wegen vermeintlicher Steuervergehen ins Gefängnis zu stecken, um ihren Besitz zu beschlagnahmen und gegen Devisen zu verkaufen. Zugespitzt kann man im „Fall Gurlitt“ von einem NS-fixierten Sonderrecht sprechen, das exekutiert wurde.

Seine politisch-moralische Grundlage bildet die „Wa­shingtoner Erklärung“ von 1998. Sie unterscheidet zwischen „Beutekunst“, die zu den normalen Kollateralschäden von Kriegen zählt, und der „Raubkunst“, die eine nationalsozialistisch-deutsche Eigenheit darstellt, die Deutschland zu außergewöhnlichen und zeitlich unbegrenzten Anstrengungen verpflichtet. Deutschland gegenüber wird weiter auf Siegerrecht gepocht.

Zweigeteilte Rechtsauffassung

Im Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen von 1952 hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, keine Ansprüche gegen die Westalli­ierten geltend zu machen wegen Handlungen, welche Personen, die aufgrund der Autorität der Alliierten tätig waren, gegen deutsches Eigentum begangen haben. So mußten die Preziosen aus dem Quedlinburger Domschatz, die 1945 von einem amerikanischen Soldaten geraubt wurden, 1993 teuer zurückgekauft werden.

Andererseits soll es „Gerechtigkeit“ bedeuten, wenn Kunstwerke aus deutschen Sammlungen herausgenommen werden und in amerikanischen wieder auftauchen. Der deutsche Staat macht sich zum Exekutor dieser zweigeteilten Rechtsauffassung – selbst gegen die eigenen Bürger.

Benedikt XVI. fragte 2011: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?“ Ja, was eigentlich?

Namensschild an der Wohnungstür von Cornelius Gurlitt in München: Der Skandal ist nicht zu Ende Foto: picture alliance/Sueddeutsche Zeitung Photo
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