„Christa wer?“ ist in diesen Tagen die meistgehörte Antwort auf die Frage nach der Spitzenkandidatin der Grün-Alternativen Liste (GAL) in Hamburg, Christa Goetsch. Noch häufiger ist nur „Reinhard wer?“ zu vernehmen, doch die FDP und ihr Spitzenkandidat Reinhard Soltau sind de facto keine Konkurrenz für Goetschs Partei. Selbstverständlich ist das nicht, haben die Grünen doch in den letzten Jahren bekanntlich große Teile der liberal-kosmopolitischen Großstadtklientel übernommen. Ole von Beust gilt ebenfalls als liberal, und so steht man dieser Tage auch in Hamburg in der politischen Mitte derart dicht gedrängt, daß es kein Wunder ist, wenn auch der Vertreter der Berliner „Neuen Mitte“, der Sozialdemokrat Thomas Mirow, nicht reüssieren kann. Da paßt sich die blasse, aber ganz und gar bürgerlich anmutende Goetsch perfekt ein. Keine Spur von alternativer Haltung, Feminismus oder demonstrativem Antikapitalismus. Freundlich, manierlich und verbindlich lächelt sie von den entpolitisierten Wahlplakaten der Grünen („Hamburg kann’s besser“). Dabei war die GAL in Hamburg bekanntlich immer mehr als einen Tick radikaler als die „übrigen“ Grünen. Pate an der grünen Wiege stand hier der trotzkistische Kommunistische Bund. Als es mit dem KB zusehends bergab ging, beschlossen seine Kader den Eintritt in die „Grünen“, um – wie sie konspirativ kundtaten – „das Überleben der Kommunisten in dieser Situation zu sichern“. Noch 1990 kämpfte man hier unter dem Motto „Nie wieder Deutschland“ für den Fortbestand der DDR. Goetsch gehört zu jenem Zuckerguß, dessen „Süße“ die bürgerlichen Wähler diese Traditionen der GAL vergessen machen soll – und das Rezept wirkt besser als erwartet: Ole von Beust ist nicht der einzige CDU-Politiker, der Interesse an Schwarz-Grün signalisiert hat. Dabei betreibt auch die unscheinbare Goetsch eine Politik, die nichts weiter ist als die Fortsetzung der ehemaligen linksradikalen GAL-Politik mit anderen Mitteln. Das politische Steckenpferd der 51jährigen Mittelschullehrerin – seit 2002 Vorsitzende der GAL-Fraktion – ist neben der Schul- nämlich die „Migrations“-Politik, ein Bereich, den sie schon zuvor für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft verantwortete. Ihr Interesse dafür sei schon am Beginn ihrer Lehrertätigkeit in den Problembezirken Wilhelmsburg und Altona geweckt worden. Aus der „Hauptstadt der Abschiebung“ will sie die „Einwanderungsstadt Hamburg“ machen, will „Einwanderung als Chance“ begreifen – fragt sich nur, für wen. Daß sie statt der Verbesserung des Deutschunterrichtes für ausländische Kinder – also der Grundlage für ein gedeihliches Miteinander – die Förderung muttersprachlichen Unterrichts für türkische Kinder betont, weist vielleicht auf die Antwort. Die GAL wird am Sonntag zweifellos zu den Siegern der Wahl gehören – sollten dann rot-grüne oder gar schwarz-grüne Träume wahr werden, wird der Name Christa Goetsch nicht länger unbekannt bleiben.
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