Ihr Name ist zum Synonym geworden für die unaufgearbeitete Geschichte des Südtirolterrorismus der achtziger Jahre: Die angebliche Aktivistin der Widerstandsgruppe „Ein Tirol“, die 56jährige Karola Unterkircher, wird voraussichtlich Ende des Monats ihre Strafe für mutmaßliche Mittäterschaft an einem Bombenattentat abgebüßt haben. Nach rund zwei Jahren Hausarrest, sieben Jahren Haft folgend, war Unterkircher Ende Januar auf eigenen Wunsch in die Haftanstalt im historischen Welschtirol gekommen – um in den Genuß der staatlichen Versorgung im Krankheitsfall zu gelangen, denn in der Zeit des Hausarrestes war die gesundheitlich Angeschlagene nicht krankenversichert. Dabei wird die Rechtmäßigkeit ihrer Verhaftung sogar international bezweifelt. Angeblich hatte die in Schwaben geborene Österreicherin am 4. November 1984 zusammen mit zwei weiteren Aktivisten einen Strommasten im Südtiroler Oberplars nahe Meran gesprengt. Dabei hatte der Hauptbelastungszeuge, ein 21fach Vorbestrafter, in einem ersten Prozeß im Jahr 1992 nur die Bombenleger Karl Außerer und Karl Zwischenbrugger beschuldigt. Zudem hatte er seit seiner ersten Aussage im Jahr 1984 seine Angaben ständig geändert, bis er 1994 schließlich auch Karola Unterkircher belastete. So verurteilten die Richter Unterkircher – menschenrechtswidrig in Abwesenheit – zu 12 Jahren Haft für Taten, die Historiker heute italienischen Geheimdiensteinheiten zuschreiben. Später räumte der Zeuge ein, seine Aussagen seien manipuliert worden. Auch die näheren Umstände der Festnahme Karola Unterkirchers am 14. August 1994 sind zweifelhaft. Enthüllungen des ORF-Journalisten Bertram Wolf zeigten, daß die Verhaftung die österreichische Souveränität verletzte. Die italienischen Sicherheitsbehörden hatten behauptet, die Österreicherin bei einer Wanderung am Timmelsjoch auf Südtiroler Boden verhaftet zu haben. Der Journalist aber entdeckte Spuren, die auf einen Kampf hindeuteten: Offenbar wurde Unterkircher über die Grenze verschleppt. Unter anderem entdeckte Wolf eine verschobene Grenzmarkierung. Nach Auskunft des „Freundeskreis Karola Unterkircher“, der auch einen regelmäßigen Haftreport herausgibt, war die Gefangene seit Mitte 1998 in der Haftanstalt Mailand-Opera einem Psychoterror ausgesetzt. Tatsache ist, daß Unterkircher im Juli 1999 einen Selbstmordversuch unternahm, den die Anstaltsleitung zunächst geheimzuhalten versuchte. Ein örtlicher Regionalratsabgeordneter der italienischen Grünen war es, der den Fall dann aber an die Öffentlichkeit brachte. Jetzt meldete die österreichische Zeitung Neues Volksblatt, Unterkircher werde Ende Februar freigelassen. Freude über diese Meldung mag im Freundeskreis noch nicht so recht aufkommen: „Ich glaube erst daran, wenn Karola Unterkircher auf österreichischem Boden ist“, zweifelt Haftreport-Redakteur Dieter Müller.