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Die Herodes-Prämie

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Wie groß war die Aufwallung, als Bischof Mixa das böse Wort der „Gebärmaschinen“ in Umlauf setzte, um polemisch die arbeitsmarktpolitisch angestrebte Vernutzung von Müttern zu bezeichnen! Dem Kampfwort „Herdprämie“ dagegen haben ungezählte Kommentatoren zu einem gewissen emanzipatorischen Chic verholfen. Eine „Herdprämie“ nämlich stelle die in Aussicht gestellte Zahlung von 150 Euro monatlich an solche Mütter dar, die ihr Kind im zweiten und dritten Lebensjahr selbst betreuen und erziehen wollen – oder, wie es mißtrauisch heißt, die zunächst „einen weiten Bogen um staatliche Betreuungsangebote“ schlagen wollen. Welche Wertung schwingt mit in dieser diskriminierenden Ausdrucksweise? Das leicht dusselige Heimchen, jene treudoofe Mutterkuh, die sich in ihre beschränkte – weil eben herdfixierte – Tätigkeit für ein patriarchalisch gegönntes Kleingeld gern in ihrer ziemlich nichtsnutzigen Küchenfunktion bescheidet. Mit einigem Recht fragte da der Kommentator auf Focus online nach, warum man anläßlich der Frauen-weg-vom-Herd-Politik der Familienministerin nicht umgekehrt von einer „Fabrikprämie“ reden dürfe, da sie doch zuvörderst zum Ziel habe, beide Elternteile an die Werkbank oder ins Büro zu locken. Weil das Herdprämien-Wort so schnell und salopp in aller Munde war, ist es nicht ganz einfach, dessen Urheber auszumachen. Hubertus Heil und andere Parteikollegen waren jedenfalls nur Zweitverwerter, wogegen die stellvertretende SPD-Vorsitzende Elke Ferner es bereits vor anderthalb Jahren im Munde führte, als es um das Elterngeld ging. Daß sich Ferner erneut anschickte, das Herd-Klischee zu bedienen, mag auch daran liegen, daß sie selbst einem Klischeebild entspricht: Die 49jährige kinderlose Kauffrau mit feuerrot gefärbtem Raspelschnitt stellt sich auf ihrer Netzseite als Mitglied der Karnevalsgesellschaft der „Daarler Dabesse“ vor. Ein „Dabess“ ist ein habituell ungeschickter Mensch, ein Tolpatsch – wohl auch einer, der nicht wirklich weiß, was er sagt. Hier zur Sache zu reden, heißt jedoch zunächst, das Betreuungsgeld vulgo „Herdprämie“ in den Bereich der Wünschbarkeiten seitens der Unionsparteien einzuordnen. Der „Krippenkompromiß“, auf den sich die Regierungskoalition nun festgelegt hat, schließt Kompensationen für Nichtnutzer der bald blühenden und größtenteils staatlich zu finanzierenden Krippenlandschaft nämlich gar nicht ausdrücklich ein. Es hat vielmehr den Anschein, als ginge es einmal mehr darum, die konservative, am traditionellen Familienmodell ausgerichtete Wählerklientel zu beschwichtigen. Denn wer weiß schon, wie heutige Verfechter der häuslichen Betreuung dann entscheiden, wenn die morgendliche Abgabe des Kleinkinds in der Krippe erst einmal gang und gäbe ist? Die SPD spricht daher von diesem Unionswunsch als einem „Prüfantrag“, über den frühestens 2009 befunden werden könnte. Und da die Familienministerin selbst erneut von den Zuständen in Frankreich schwärmte, wo sich nach aktuellen Umfragen zwei von drei Müttern vorstellen könnten, ihr Kind bereits im ersten Lebensjahr staatlicher Erziehung zu überantworten, ahnt man, wohin in etwa der Zug fahren soll. Festgehalten wurde vergangene Woche allein, daß ab 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinstkinder ab dem 1. Geburtstag in Kraft treten soll. Die hierbei genannten Zahlen von „jedem dritten Kind“, denen insgesamt 750.000 Krippenplätze zur Verfügung gestellt werden sollen, stehen weiterhin recht zusammenhanglos im Raum: Bei der angestrebten Betreuungsplatzzahl wäre nämlich sogar für jedes zweite Kind – ohne nähere Erörterung des tatsächlichen Bedarfs an Fremdbetreuung im frühen Kindesalter – ein Krippenplatz finanziert. Ohnehin bleibt vieles nebulös bei dieser progressiven Krippenpolitik: etwa, woher die mindestens 100.000 zusätzlichen Erzieher rekrutiert werden sollten, selbst wenn die Größe altersgemischter Gruppen auf 19 Kinder ansteigen wird? Ein Blick in zahlreiche Ost-Krippen läßt den Betrachter argwöhnisch werden: Hier übernehmen längst Ein-Euro-Kräfte ohne jegliche pädagogische Ausbildung Betreuungsaufgaben – den Rest besorgt der Fernseher, der als Dauerangebot „kindgerechte“ Videos präsentiert. Auch die Finanzierung steht immer noch in den Sternen: Die vielbeschworene „Demographie-Reserve“, die sich aus dem Geburtenmangel ergibt, wird jedenfalls durch den milliardenschweren Krippenbau und -betrieb bei weitem übertroffen. Der Plan, zu diesem Zweck eine Bundesstiftung zu gründen, stößt auf breite Kritik. Im Hintertreffen sehen sich ohnedies sowohl die Kommunen, die ein Drittel der ganz unterschiedlich bezifferten Ausgaben zu schultern hätten, als auch die östlichen Bundesländer, die das Plansoll an Plätzen zum Teil längst erreicht haben und folglich vom Geldsegen aus Bundesmitteln nicht profitieren würden. Grundsätzlich zu fragen bleibt, wer oder was von all dieser Anstrengung tatsächlich profitiert: Die Kinder? Die Geburtenquote? Die Lage auf dem Arbeitsmarkt? Am ehesten wohl noch das Wirtschaftswachstum. Die gängigen Internet-Suchmaschinen erweisen dem Begriff „Herdprämie“ übrigens eine ausgewiesen kritische Referenz. Skeptisch wird beim Nutzer nachgefragt, ob vielleicht die „Herodes-Prämie“ gemeint sei. Ein arger Schelm, der solche Assoziationen aufkommen ließe …

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