Die Schwierigkeiten und Konflikte, unter denen das neue Linksbündnis aus PDS und WASG ins Leben tritt, sind so groß, daß sich die Frage nach seiner Haltbarkeit stellt. Die Trauergemeinde am Grab des rheinischen Kapitalismus und die Hinterbliebenenorganisation der verflossenen DDR sind durch tiefe soziokulturelle Gräben getrennt. Beide fragen sich sorgenvoll, wieviel der jeweils andere von der eigenen Anhängerschaft vergrault. Bei WASG-Mitgliedern aus dem Westen führt alles, was nach SED-Nachfolge riecht, zu allergischen Reaktionen, während in den kleinen Landesverbänden im Osten die PDS bereits als „neoliberal“ gilt. Und die PDS fürchtet um ihren Charakter als Heimatverein, der sie in den neuen Ländern – aber eben nur dort – stark macht. Nehmen wir an, daß der Wille zum Erfolg alle Differenzen übersteigt und das Wahlbündnis im Herbst in den Bundestag einzieht. Inhaltlich wird es dort nicht viel aufzeigen und politisch nicht viel zustande bringen. Warum soll Oskar Lafontaine als Anführer eines kleinen Oppositionstrupps den Kapitalismus effektiver zähmen können als in seiner freiwillig beendeten Ministerzeit? Das Bündnis wird viel Sozialfrust kanalisieren und als politisches Grummeln ins Parlament tragen. Einen Nebenzweck, der die nachsichtige Kommentierung in den Medien verständlich macht, hat das Linksbündnis bereits erfüllt: Die angekündigte „Rechtsfront“ aus NPD und DVU, die bei den etablierten Parteien für Nervosität gesorgt hatte, ist aus den Schlagzeilen verschwunden.