Mit 80 Prozent Stimmenmehrheit haben die französischen Volksvertreter auf einer gemeinsamen Sitzung von Nationalversammlung und Senat eine Änderung der französischen Verfassung beschlossen, um dem französischen Volk eine Volksabstimmung zur EU-Verfassung zu ermöglichen. Das EU-Referendum ist für den Mai oder Juni dieses Jahres vorgesehen. Nach vorliegenden Umfragen werden sechzig Prozent der Franzosen für die EU-Verfassung stimmen, vierzig Prozent sprechen sich zur Zeit dagegen aus. Allerdings steigt mit jedem Tag die Zahl der Gegner, so daß die französische Regierung an einer schnellen Durchführung interessiert ist. In Deutschland ist eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung weiterhin verfassungsrechtlich nicht vorgesehen. Im Bundestag wurde und im Bundesrat wird demnächst (wie mit großer Sicherheit zu erwarten ist) der EU-Verfassungsentwurf durchgewunken und die Stimmen der Gegner so gut es geht in den Hintergrund gedrängt oder als rechtsextremistisch gebrandmarkt. Das Mißtrauen der deutschen Volksvertreter gegenüber dem eigenen Volk ist zu groß, als daß man der französischen Courage folgen wollte. Verfassungsrechtstechnisch wäre die Einführung eines deutschen Plebiszits selbst unter der Einhaltung engster Fristen jederzeit möglich. Doch die Herrschenden trauen den Untertanen nicht: Die Sache sei zu wichtig, um sie möglichen „Demagogen“ zu überlassen. Sind nun die deutschen Volksvertreter feiger als die französischen – oder das deutsche Volk demokratisch unreifer als das französische? Wohl eher das erste.
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