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Die Bürgerversicherung einführen?

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Das deutsche Gesundheitssystem ist durch die Besonderheit geprägt, daß die Bezieher von Einkommen oberhalb der sogenannten „Friedensgrenze“ zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung, die derzeit bei 3.825 Euro pro Monat liegt, aus der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung austreten können, falls dies ihre Gesundheit zuläßt. Über dieses einseitige Wahlrecht strömen der privaten Krankenversicherung in jedem Jahr junge, einkommensstarke, gesunde und häufig familienlose neue Mitglieder zu. Allein im letzten Jahr ist die Zahl der privat Versicherten um mehr als 200.000 gestiegen. Bürgerversicherung dagegen bedeutet, daß alle Bürger in den gesetzlichen Krankenversicherungen versichert würden und die privaten Krankenversicherungen Zusatzleistungen aus dem Bereich der Luxusmedizin anbieten würden. Die Bürgerversicherung hätte folgende Vorteile: Den gesetzlichen Krankenkassen würden nicht länger systematisch die lukrativsten Versicherten entzogen, die Meinungsführer der Gesellschaft wie Selbständige, Beamte, gutverdienende Angestellte und Politiker wären in Zukunft an einer Reform der gesetzlichen Krankenversicherung stärker interessiert, weil mehr von ihnen selbst von deren Defiziten betroffen wären, und es würde die ausgeprägte Zwei-Klassen-Medizin beendet, die darauf zurückgeht, daß die meisten spezialisierten Ärzte in Klinik und Praxis bevorzugt die kleine Gruppe der privat Versicherten behandeln. Außerdem würden in einer Bürgerversicherung alle Einkommensarten verbeitragt und die zusätzlichen Einnahmen in Beitragssatzsenkungen umgelegt. Dies schafft Arbeitsplätze durch gesunkene Lohnnebenkosten, genauso wie die durch die privaten Zusatzversicherungen bedingten zusätzlichen Angebote im Wellnessbereich. Prof. Dr. med. Dr. sc. Karl W. Lauterbach ist Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie in Köln. Er arbeitet in der Rürup-Kommission mit. Seit 30 Jahren verfolgt die Politik die Strategie der Einnahmemaximierung in der Sozialversicherung. In dieser Zeit sind die Lohnnebenkosten von knapp dreißig auf mehr als vierzig Prozent gestiegen. Aber das Geld reicht immer noch nicht. Deshalb ein klares Nein zur Bürgerversicherung. Wer heute mehr Geld in das System pumpt, der tötet alle Bemühungen nach Strukturreformen ab. Jüngstes Beispiel dafür: die Ökosteuer bei der Rentenversicherung. Das gilt auch für die Krankenversicherung. Das besonders Fatale an der Bürgerversicherung ist, daß sie die einzige Wettbewerbskomponente im Gesundheitssystem vernichten würde: nämlich die private Krankenversicherung. Denn insbesondere im Bereich der freiwillig Krankenversicherten existiert Wettbewerb. Natürlich bringt mittelfristig die Bürgerversicherung eine finanzielle Entlastung der Beitragszahler. Aber langfristig nicht. Denn auch die privat Versicherten werden einmal alt und krank. Und das bedeutet, daß die Bürgerversicherung das drängende demographische Problem der Sozialversicherung keineswegs lösen kann. Im Gegenteil: Ausgerechnet das gesetzliche System sorgt im Gegensatz zu den privaten Alternativen nicht vor. Es herrscht Umlageverfahren anstelle der Kapitaldeckung. Das heißt, wo Beitragszahler fehlen, gibt es keine Leistungen mehr. Was dann bleibt, ist klar: Während im privaten Bereich Vertragssicherheit herrscht, ist die Bürgerversicherung Verfügungsmasse der Politik. Das erleben wir ja gerade in der aktuellen politischen Diskussion über die künftigen Leistungen. Die Antwort auf die Krise der staatlichen Sicherungssysteme ist mehr Eigenverantwortung und Privatvorsorge des Bürgers. Die Bürgerversicherung ist gerade das Gegenteil davon. Markus Guhl ist Bundesgeschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Wirtschaftlicher Mittelstand (AWM) – Bundesverband der deutschen mittelständischen Dienstleistungswirtschaft e. V.

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