Selbst den notorischsten Schönrednern unter den europäischen „Atlantikern“ dürfte jetzt so langsam die rosarote Brille beschlagen. Immer unverfrorener tritt nämlich die Regierung von Georg W. Bush ihren angeblichen europäischen Freunden gegen das Schienbein. Jüngstes Beispiel ist der Internationale Strafgerichtshof. Die US-Regierung pocht weiterhin auf Immunität amerikanischer Soldaten bei Auslandseinsätzen. Der US-amerikanische Sonderbeauftragte zur Bekämpfung von Kriegsverbrechen, Pierre-Richard Prosper, denunzierte den von den Europäern so heftig beklatschten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag als „eine völlig unkontrollierte Einrichtung“. Die USA wollen von möglichen Klägern nicht belästigt werden. Sie streben statt dessen nach einer Globalisierung ihres Rechtsverständnisses. Das zentrale Ziel der US-Außenpolitik laute, erkannte der Spiegel-Redakteur Harald Schumann, amerikanischen Bürgern und Unternehmen „weltweit amerikanisches Recht zu verschaffen – und sonst gar nichts“. Mit anderen Worten: Die USA wollen schlicht keine Regeln mehr anerkennen, die sie selbst nicht wieder ändern können. Dieses nur von nationalen Interessen geleitete Vorgehen der USA könnte das scheinbar unumkehrbare Faktum der Globalisierung ins Stocken bringen. Denn es ist kaum anzunehmen, daß die Staaten dieser Welt eine erzwungene Ausnahmestellung der „unverzichtbaren Nation“ USA auf Dauer hinnehmen werden.
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