Einen fetten kleinen Skandal hat sich die Welt am Sonntag geleistet. Unter dem Vorwand, man wolle etwas gegen die vielen Anglizismen in der deutschen Sprache tun, forderte sie mehrere bekannte Schriftsteller wie Günter de Bruyn, Reiner Kunze, Walter Kempowski und Erich Loest zu Stellungnahmen auf, und diese lieferten sie gern. Wie staunten sie aber, als sie am vergangenen Sonntag das Blatt aufschlugen! Allesamt sahen sie sich da in die Ecke deutschtümelnder Halbfaschisten gestellt, denen in einem höhnischen Kommentar des „Chefberaters“ der Zeitung, Ulf Poschardt, bescheinigt wurde, daß sie von modernen Entwicklungen keine Ahnung hätten. Und dazu waren auch noch die Bildzuschreibungen vertauscht: Rainer Kunze hieß „Walter Kempowski“ und Walter Kempowski hieß „Reiner Kunze“. Wie konnte so etwas geschehen? Nun, Chefberater Poschardt ist kein anderer als jener berüchtigte Vertreter des sogenannten „Borderline-Journalismus“, der erst kürzlich bei der Süddeutschen Zeitung rausflog, weil er deren Magazin jahrelang mit schlimmsten Fälschungen angefüllt hatte. Statt sich eine gewisse Karenzzeit zu gönnen, heuerte der Mann sofort erfolgreich bei der Welt am Sonntag an und setzt dort nun offenbar seinen „Borderline-Journalismus“ munter fort. Unkraut vergeht eben nicht. Den Schaden haben die getäuschten Schriftsteller. Ihre Empörung ist groß, und die Entschuldigungsbriefe, die sie jetzt von der Redaktion der Zeitung erhalten, können sie schwerlich beruhigen. Beruhigung ist auch beileibe nicht am Platze. Wehrt Euch!
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