BERLIN. Ein Jahr und acht Monate auf drei Jahre zur Bewährung wegen sexuellen Mißbrauchs eines sechsjährigen Mädchens. Das ist das Strafmaß, das das Jugendschöffengericht gegen den 27jährigen pakistanischen Flüchtling Tayyab M. verhängt hat. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil alle Parteien in diesem Fall die Rechtsmittelfrist von einer Woche in Anspruch nehmen. Trotz des Alters des Täters wurde die Tat vor dem Jugendschöffengericht verhandelt.
„Die Jugendgerichte sind auch in sogenannten Jugendschutzsachen zuständig, das heißt insbesondere dann, wenn die Vernehmung kindlicher Zeugen in Betracht kommt“, erklärte ein Pressesprecher der Berliner Strafgerichte, Max Schoenthal, der JUNGEN FREIHEIT. Das Gericht habe, so Schoenthal weiter, die ausgeurteilte Strafe unter Zugrundelegung des Strafrahmens des Paragraphen 176 Abs. 1 Strafgesetzbuch als tat- und schuldangemessen erachtet. Der Paragraph 176 sieht bei sexuellem Mißbrauch von Kindern eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
Heftige Proteste
In der mündlichen Urteilsbegründung wurden als maßgebliche Strafzumessungserwägungen genannt, daß die Tat nur sehr kurz, rund sechs Sekunden, gedauert habe, weil dann andere Bewohner eingeschritten seien. Dazu komme, daß der Angeklagte geständig sei, sich entschuldigt habe, daß er ein unvorbestrafter Ersttäter sei und daß er bereits rund fünf Monate Untersuchungshaft verbüßt habe.
Mit den Worten: „Es war spontan, hat sich so ergeben – war mir egal, ob Mädchen oder Frau“, gestand der Pakistani die Tat vor Gericht. Dann meinte er noch: „Es sollte nur schnell gehen.“ Im Internet hagelt es in den Kommentarspalten der Gerichtsberichterstattungen Proteste. Das Urteil scheint vielen Lesern unverständlich milde. Was ist da passiert?
Rückblick: 27. September 2016, Flüchtlingsheim Kruppstraße in Berlin Moabit: Das kleine sechsjährige Flüchtlingsmädchen und der Pakistani kennen sich, beide leben in dem Heim. Das Kind darf manchmal mit seinem Handy spielen. An diesem Tag lockt der Pakistani es aus dem Gebäude heraus, hinter ein Gebüsch. Dann beginnt er das Kind zu mißbrauchen. Allerdings kommen Anwohner hinzu, die den Kinderschänder von dem Mädchen wegziehen.
Als die alarmierte Polizei eintrifft, um den Täter festzunehmen, stürmt der Vater des Mädchens hinzu. „Das wirst du nicht überleben“, soll er gerufen haben – und wird von Polizeibeamten erschossen. Doch diesen Aspekt hatte das Jugendschöffengericht nicht zu verhandeln. Hier ging es nur um den Vorwurf des Kindesmißbrauchs. Nach dem Prozeß war die Mutter des Kindes und Witwe wegen des milden Urteils am Boden zerstört. (mec)