JERUSALEM. Aus Protest gegen eine Rede von Martin Schulz (SPD) vor der Knesset haben zahlreiche Abgeordnete das israelische Parlament verlassen. Mitglieder der rechtsnationalen Habayit Hayehudi-Partei (Israel unser Haus) riefen beim Verlassen des Plenarsaals „Schande“ und verlangten eine Entschuldigung vom Präsidenten des Europäischen Parlaments.
Schulz hatte bei seiner Rede dem jüdischen Staat vorgeworfen, Palästinenser bei der Zuteilung von Wasser gegenüber Siedlern im Westjordanland zu benachteiligen. Kulturministerin Limor Livnat bezichtigte Schulz der Lüge. Der rechtsnationale Likud-Abgeordnete Moshe Feiglin kritisierte, daß die Abgeordneten der auf Deutsch gehaltenen Rede nicht ferngeblieben sind. „Warum habt ihr euch dort überhaupt reingesetzt“, fragte er auf Facebook.
Siedlungsbau ist „Hindernis zum Frieden“
Außerdem hatte Schulz in seiner Rede die Seeblockade des Gaza-Streifens durch Israel kritisiert und den Wohnungsbau in Ostjerusalem und dem Westjordanland als „Hindernis zum Frieden“ bezeichnet. „Die EU steht zu ihren besonderen Beziehungen zu Israel, aber das bedeutet nicht, daß sie mit jeder Entscheidung der israelischen Regierung einverstanden sein muß“, sagte er.
Schulz lobte die Europäische Einigung als vorbildlich auch für den Nahen Osten. In Europa hätten die Nachbarn „Deutschland, das den Krieg begonnen hatte, die Hand der Versöhnung ausgestreckt“, so daß es eine stabile Demokratie werden konnte. Jeder Deutsche trage eine Verantwortung für Israel, die aus dem Massenmord am jüdischen Volk herrühre.
Schulz erhält Ehrendoktorwürde
Diese Verantwortung bedeute, jeden Tag neu für Freiheit, Demokratie und Menschenwürde aufzustehen. Die individuelle Würde zu schützen sei für ihn gleichbedeutend damit, den europäischen Einigungsprozeß voranzutreiben. Am Vormittag hatte Schulz die Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität Jerusalem für seine Bemühungen erhalten, die Beziehungen zwischen Israel und der Europäischen Union zu vertiefen. (tb)