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Boris Becker und mein Handy

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Als ich gestern im Bus nach Hause saß und immer und immer wieder mit dem rechten Daumen über den Bildschirm meines Smartphones fuhr, fiel mir bei den vielen Statusmeldungen bei Facebook und Twitter dieser Satz auf: „Ich stolz Deutscher zu bin“, hat Boris Becker gesagt. Ich habe mich natürlich über diesen Fauxpas gefreut, ist ja lustig, und dann habe ich den Link wie automatisch angeklickt. Leider hatte ich schlechtes Netz. Während sich die Internetseite mit dem Bericht also quälend langsam aufbaute, nahm ich einen kräftigen Schluck aus meiner Dose mit Energydrink, der Drittelliter Zucker und Chemie paßte ganz gut zu meinem mit Remoulade gewürzten Salamibrötchen, das ich gerade noch beim Bäcker gekauft hatte und jetzt einige Krümel auf den Sitzplatz neben mir verlor.

Endlich war die Seite geladen: Mit von der Partie über Beckers lustigem Satz waren übliche Verdächtige, so Leute wie Oliver Pocher, Jörg Kachelmann, Stefan Raab und ein paar Groupies, die sich meistens gegen, manchmal aber auch für den Wimbledon-Sieger aussprachen. Nachdem ich mir den letzten Bissen meines Brötchens in den Mund geschoben hatte und meine Twitter-App den Twitter-Account von Oliver Pocher lud, fegte ich – immer noch kauend – fahrig die Krümel vom Sitz neben mir auf den Boden vor mir.

So vergingen einige Minuten, Leute stiegen aus und ein, was ich aber nur am Rande zur Kenntnis nahm. Ein Facebook-Freund von mir, der auch für diese Zeitung schreibt und sich intensiv mit der deutschen Sprache beschäftigt, hat die Chance genutzt und eine Facebook-Seite über Beckers lustigen Satz ins Leben gerufen. Reflexartig klickte ich auf den „Gefällt mir“-Knopf, eine Tätigkeit, die wir Facebooknutzer „laiken“ nennen. Die Kommentare zu den Statusmeldungen dieser Seite waren auch interessant zu lesen, wobei ich auch gestehen muß, daß ich mich nicht mehr an die Inhalte der kurzen Stellungnahmen erinnern kann.

… und dann fuhr ihr Daumen immer wieder über das Display 

Nun nahm ich den letzten Schluck von meinem Energydrink, der mittlerweile schal geworden war und steckte das Handy in meine Hosentasche. Freilich nicht ohne vorher die GPS-Funktion deaktiviert zu haben, wegen der Strahlung. Kurzer Blick aus dem Fenster. Schöne Gegend hier. Dann nahm ich das Handy wieder aus der Tasche, aktivierte meine E-Mail-App und prüfte den Eingang neuer E-Mails. Es dauerte wieder eine Weile, bis der Account sich aktualisiert hatte, und tatsächlich bekam ich Nachrichten zugeschickt. Beziehungsweise Werbemails von großen Onlineshops, Elektronik und Herrenmode.

Gerade noch rechtzeitig bemerkte ich dann, daß der Bus an meiner Haltestelle hielt. Ich bat meine zwischenzeitlich hinzugekommene Sitznachbarin freundlich, ob ich bitte kurz an ihr vorbei könne, weil ich aussteigen müsse. Sie blickte kurz nickend von ihrem Smartphone auf, machte Platz und schaute dann wieder auf das Display, wo ihr Daumen immer und immer wieder von oben nach unten fuhr.

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