BRÜSSEL. Die EU-Kommission hat am Dienstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Die Regierung in Budapest habe die Unabhängigkeit der Zentralbank, Datenschutzbehörden und der Justiz beschnitten, heißt es aus Brüssel. Das Land hat nun einen Monat Zeit, um auf die Vorwürfe zu reagieren.
Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, er sei fest entschlossen, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine „Kompatibilität mit der EU-Gesetzgebung“ herzustellen. So könne verhindert werden, daß die „Schatten des Zweifels“ an den demokratischen Prinzipien über dem Land schwebten.
Unterstützung erhielt er dabei von Justizkommissarin Viviane Reding. Die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban habe die Bedenken der EU nicht ausräumen können. „Ich erwarte, daß die ungarischen Behörden die rechtlichen Bedenken der Kommission zügig ausräumen“, forderte Reding.
Lob von den Grünen
Kritik übte die Kommission auch an einem neuen Gesetz, nachdem das Renteneintrittsalter für Richter um zwei Jahre gesenkt werden soll. Brüssel befürchtet, Orban wolle die Neuregelung nutzen, um unliebsame Richter loszuwerden. Die EU setzt damit ihre Drohungen der vergangenen Woche um, an dessen Ende unter anderem die Streichung von mehreren Milliarden Euro Subventionen stehen könnte, die Ungarn derzeit zustehen.
Lob für das Vorgehen gegen Ungarn kam von den Grünen. Volker Beck, menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, sagte, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn sei eine Bankrotterklärung für die Politik Viktor Orbáns: „Der ungarische Ministerpräsident muß jetzt einlenken und den Forderungen der EU-Kommission nachkommen.“ Er solidarisierte sich zudem mit den Gegnern der mit großer Mehrheit gewählten konservativen Fidesz-Regierung, die angeblich für die Demokratie streiten würden. (ho)