Fast schon wieder vergessen, die auf CD gebrannten Steuersünder-Dateien, die deutsche Minister für teuer Geld aufzukaufen pflegten wie geschnitten Brot. Wem diese Geschäfte immer schon etwas anrüchig vorkamen, der kann sich durch eine dieser Tage auf DVD veröffentlichte Dokumentation bestätigt fühlen: Der Datendieb war ein Hochstapler und Berufskrimineller.
Heinrich Kieber hat sie offenbar alle übers Ohr gehauen: Seine Freunde, die Vermieterin, das Sozialamt; schon die Nonnen im Liechtensteiner Erziehungsheim, berichtet FAZ-Rezensent Joachim Jahn, wollten ihn zum Psychiater schicken.
Selbst Fürst Hans Adam II. von Liechtenstein, sein Staatsoberhaupt, soll er erfolgreich erpreßt haben. Über seine „Heldentaten“ hat er selbst einen 650 Seiten dicken „Tatsachenbericht“ verfaßt und zum freien Herunterladen ins Netz gestellt.
Es präsentiert sich ein eitler und arroganter Unsympath, der gern den Pausenclown spielte und deshalb notorisch unterschätzt wurde. Zuletzt von der Liechtensteiner LGT-Bank, die ausgerechnet diesen Filou anheuerte, um ihre Kundenakten zu digitalisieren. Kiebers Onkel: „So blöd können doch nicht einmal die sein, ausgerechnet dich einzustellen.“
Beteiligung an den Steuernachzahlungen
Aber Regierungen von als seriös geltenden Staaten können offenbar schon so blöd sein, solch einem zwielichtigen Subjekt mehr als vier Millionen Euro Diebeslohn (der BND) oder eine dreißigprozentige Beteiligung an den eingetriebenen Steuernachzahlungen (der amerikanische Fiskus) zuzuschanzen und ihm anschließend noch ein Zeugenschutzprogramm mit neuer Identität zu spendieren.
Natürlich sind Steuerhinterzieher, die vorsätzlich und mit krimineller Energie Gesetze brechen, keine Spezies, die in einem Rechtsstaat Mitleid oder Schonung verdient hätte. Und ja, auch bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität greift man bisweilen zu wenig feinen Mitteln.
Steuerhinterzieher sind aber erst mal weder Mafiosi noch Schwerverbrecher. Und der Staat ist kein balkanisches Inkassounternehmen, dem jedes Mittel recht sein kann, um an sein Geld zu kommen – jedenfalls sollte er sich nicht so aufführen.
Solange freilich die politische Klasse ihren Geldhunger ins Unermeßliche hochschraubt, Steuerungerechtigkeiten aus Bequemlichkeit und Gier perpetuiert statt korrigiert, Steuergeldverschwendung wahlweise für ein Kavaliersdelikt oder für ein gottgegebenes Recht ansieht, Rechenschaft über die verantwortungsbewußte Verwendung der Gelder arrogant ablehnt und gebewillige Reiche mißtrauisch beäugt und höhere Steuern für die bessere Alternative zu freiwilligen Spenden preist, braucht man sich über die Verweigerer nicht zu wundern.
Loyalität schuldet nämlich nicht nur der Bürger dem Staat, sondern auch der Staat seinen Steuerzahlern, die ihm einen Teil ihres Geldes anvertrauen zum Wohle der Allgemeinheit. Wer sich mit Kriminellen zusammentut und auf ihr Niveau herabbegibt, verliert Respekt und Autorität. Da gilt am Ende die alte Volksweisheit: Der Hehler ist so schlimm wie der Stehler.