Frankreich wird nachgesagt, eine besonders vehemente Industriepolitik zu betreiben. Manche gehen sogar so weit zu behaupten, daß diese erfolgreich sei. Wer einen Blick in die Statistik wirft, kommt jedoch eher zu einer ganz anderen Einschätzung.
Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, daß die französische Regierung eine besonders aktive Rolle in der Gestaltung von heimischen Industriestrukturen spielt und den Unternehmen eine von ausländischen Wettbewerbern oft als dreist empfundene Schützenhilfe im Exportgeschäft leistet. Alle derartigen Bemühungen haben jedoch nicht verhindern können, daß die Bedeutung der Warenproduktion für das Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen ist. Repräsentierte der sekundäre Sektor 1982 noch 35,5 Prozent der Wertschöpfung Frankreichs, so sank dieser Anteil unaufhörlich über 17,7 Prozent zu Beginn dieses Jahrzehnts auf heute nur noch 14 Prozent. Vor diesem Hintergrund erscheint die Pariser Industriepolitik unterdessen lediglich dem Schutz einer vom Aussterben bedrohten Minderheit und kaum mehr dem Gesamtwohl verpflichtet.
In einer Panikreaktion soll nun aber doch noch das Ruder herumgerissen werden. Industrieminister Christian Etrosi hat den Vorschlag ins Gespräch gebracht, eine Prämie an einst abgewanderte Unternehmen zu zahlen, die ganz oder in Teilen nach Frankreich zurückkehren. Zu bemessen wäre sie an der Höhe der Investition oder der Zahl der wieder entstandenen Arbeitsplätze. Für manche Unternehmen, für die sich die Produktionsverlagerung ins Ausland nicht gerechnet hat, dürfte dieses Angebot attraktiv klingen. Sie gewinnen etwas Zeit, bevor sie die endgültige Entscheidung treffen müssen, ob sie an vorhandenen Kapazitäten weiter festhalten können. Alle anderen werden jedoch ganz unpatriotisch zu dem Schluß kommen, daß die guten betriebswirtschaftlichen Argumente, die sie zum Ausweichen auf Standorte außerhalb Frankreichs veranlaßte, unverändert zählen.
Eine Heimkehrprämie würde somit das genaue Gegenteil von dem bewirken, was sie zu beabsichtigen vorgibt. Die französische Wirtschaft wäre nicht gestärkt, sondern bloß um einige latente Krisenfälle reicher. Die Deindustrialisierung ist aber nicht nur nicht zu stoppen. Sie muß auch niemanden erschrecken. In einer globalisierten Welt resultiert der Wohlstand eines Landes nicht aus der Wertschöpfung daheim. Es kommt lediglich darauf an, daß die Erträge, die ganz gleich wo erwirtschaftet werden, den eigenen Steuerbürgern zugute kommen.