Seltsam und doch leicht erklärbar: Über jene Hunderte, ja gelegentlich sogar Tausende Bergleute, die Jahr für Jahr unter Tage ihr Leben lassen, schweigen sich unsere deutschen Kernkraftbekämpfer geradezu verbissen aus. Wann hat man dazu je wenigstens ein Wort des Bedauerns aus dem Munde etwa der Lautsprecher Sigmar Gabriel oder Jürgen Trittin gehört – wie etwa nach dem jüngsten schweren Grubenunglück in Polen?
Ungeniert und schrill spielt die Angstmachergarde auch vor der Bundestagswahl wieder Hampelmännchen mit der politischen Konkurrenz von CDU/CSU, FDP und mit dem Bürgerpublikum.Ein Großmeister der Demagogen-Disziplin: Jürgen Trittin (Grüne). Skrupelfrei und tatsachenwidrig setzt er alle noch so geringfügigen, aber dennoch „meldepflichtigen Ereignisse“ wie den Ausfall einer Pumpe im Außenbereich heimischer Atommeiler mit „Störfällen“ gleich. Gerade diese strenge Meldepflicht und die gründliche Wartung sorgen doch dafür, daß speziell Deutschlands Kernkraftwerke eben nicht veraltet sind, sondern funktions- und sicherheitstechnisch auf dem neuesten Stand gehalten werden. Es ist daher von der Sache her schlicht hanebüchen, ausgerechnet unsere im Weltmaßstab vorbildlich verläßlichen Anlagen stillzulegen.
Ein anderer Fall von Für-dumm-Verkaufen: die von SPD-Umweltminister Gabriel im Juli frisch verordneten „Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle“ zur „Vermeidung unzumutbarer Lasten und Verpflichtungen für zukünftige Generationen“. Bisher durften, gesetzlich vorgeschrieben, ausdrücklich nur „kurzlebige“ Materialien mit einer gefährlichen Strahlungsdauer bis zu tausend Jahren endgelagert werden – nun sind plötzlich bis zu einer Million Jahre erlaubt. Gabriel hat’s diskret so verfügt, doch nirgendwo regt sich Protest.
Apropos Endlagerung. Schon der denkwürdige Sturmlauf gegen die seinerzeit geplante hochmoderne Wiederaufarbeitungsanlage für verbrauchte Kernbrennstäbe im bayerischen Wackersdorf war am Ende, wir erinnern uns, durchschlagend erfolgreich. Und insbesondere in den letzten neun Jahren stemmen sich vor allem Gabriel und Trittin mit aller Kraft gegen die Weitererkundung des Salzstocks im niedersächsischen Gorleben, obwohl nachweislich nichts Bündiges gegen dessen Nutzung als atomares Endlager ins Feld geführt werden kann. Das Herumlavieren der CDU in Sachen Kernkraft rundet das traurige Bild nur noch ab.
Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.