Bravo! Mit vier Jahren Verspätung herrschen jetzt endlich klare Verhältnisse in Deutschland. Nie wieder werden wir abgehalfterte Figuren wie Wieczorek-Zeul, Zypries oder Dienstwagen-Schmidt ertragen müssen. Schade, daß es für die keine Abwrackprämie gibt. Die ganze SPD hat zu Recht eine klare Abfuhr vom Wähler erhalten. Elf Jahre waren genug. (Ich hatte schon nach einer Woche die Nase voll.)
Wir sollten uns von der Freude aber nicht einlullen lassen: Der Linksblock kommt auf rund 45 Prozent. Im großen und ganzen werden die mächtigen SPD-Verluste der letzten Jahre durch die Linke und die gestärkten Grünen aufgefangen. Die Union hat ebenfalls verloren, worüber der Jubel in der CDU-Zentrale nicht hinwegtäuschen kann. Wieder haben Hunderttausende von Konservativen der Partei den Rücken gekehrt; 1,2 Millionen sind zur FDP und 900.000 ins Lager der Nichtwähler gewechselt. Daß die Partei trotzdem jubelt, als sei nichts geschehen, versinnbildlicht einmal mehr die unglaubliche Arroganz der Politiker gegenüber dem, was wirklich im Volk gedacht wird.
Nur dank des FDP-Erfolgs hat Schwarz-Gelb jetzt einen klaren Regierungsauftrag, endlich das umzusetzen, was beide Parteien seit Jahren versprochen haben. Eine Bundesratsmehrheit steht auch (noch). Ausreden werden also nicht akzeptiert. Die liberale Agenda, die diesen Wahlsieg möglich gemacht hat, muß jetzt voll zur Geltung kommen.
Staat sollte sich auf das Wesentliche beschränken
Die FDP hat von ihrer Aufrichtigkeit profitiert. Als es 2005 keine schwarz-gelbe Mehrheit gab, lag es nahe anzunehmen, die Partei würde eine „Ampel“ machen. Hat sie aber nicht. Hut ab! Guido Westerwelle hat bewiesen, daß es ihm ernstlich um einen Wechsel geht – und nicht nur um einen Posten.
Das gilt jetzt, wo es doch gereicht hat, umso mehr. Die FDP muß ihre Inhalte durchsetzen. Im liberalen Wahlprogramm stand: Die Arbeitsagentur wird aufgelöst, Bürgerrechte werden wieder geachtet, Verantwortliche müssen für Risiken haften. Die wichtigste Aussage aber war, die Steuern sollten einfacher, niedriger und gerechter werden. Eine vierköpfige Familie soll erst ab einem Haushaltseinkommen von 41.000 Euro Einkommensteuer zahlen müssen. Ich hoffe, daß diese Forderung zügig umgesetzt wird. Andernfalls würde er „keinen Koalitionsvertrag unterschreiben“, hat Westerwelle schließlich vor der Wahl versichert.
Außerdem hat er im Wahlkampf suggeriert, die Ökosteuer würde abgeschafft. Und wenn er konsequent wäre, dann müßte er auch die von ihm immer wieder gebrandmarkte Mehrwertsteuererhöhung von 2007 rückgängig machen. Das läßt sich alles finanzieren, wenn der Staat sich auf das Wesentliche beschränkt, wie es im FDP-Wahlprogramm steht. Wir brauchen keinen staatlichen „Kampf gegen Rechts“, keine staatlichen Fernsehsender, keine Öko-Hirngespinste und keine Bankenrettungs- oder Konjunkturpakete.
Höchstens die Hälfte der FDP-Wähler waren Stammwähler
Arbeit muß sich wieder lohnen – das darf nicht nur für die Spitzenverdiener gelten, die sich im Zweifelsfall selbst helfen könne, sondern auch für die unteren Einkommensschichten. Wenn pfiffige Berufsschmarotzer genauso viel Geld fürs Nichtstun bekommen wie ein Familienvater, der bei Ikea als Lagerarbeiter 6,43 Euro pro Stunde verdient, dann ist dieses Leistungsprinzip verletzt.
Es kann kein „Weiter so“ des schwarz-roten Einheitsbreis geben, aber auch kein Zurück in die 90er Jahre. Wenn Westerwelle jetzt gleich wieder wie seine Amtsvorgänger das Büßergewand anlegt, die Liberalen sich darauf beschränken, hier und da mal eine kleine Kurskorrektur zu fordern, dann werden sich die Wähler gleich wieder verabschieden. Höchstens die Hälfte der FDP-Wähler bei dieser Wahl waren Stammwähler, das zeigt auch das Erststimmen-Ergebnis: Hier kam keine der drei „kleinen“ Parteien auf zweistellige Prozentzahlen!
Um die neuen FDP-Wähler bei der Stange zu halten, muß die Partei jetzt liefern. Da sie inzwischen halb so viele Mandate stellt wie die CDU, waren die Voraussetzungen dafür in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie besser.