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Zucker im Kaffee

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Dr. Stefan Kaufmann ist ein fleißiger Kandidat. Der Kommunalwahlkampf war in diesem Frühjahr noch nicht richtig angelaufen, da ließ er die Stuttgarter Briefkästen schon mit Werbung für die Bundestagswahl bestücken. Der frischgebackene Vize-Kreisvorsitzende will nämlich eines der beiden Stuttgarter Direktmandate gewinnen.

Dr. Stefan Kaufmann kandidiert für die CDU, aber das ist eigentlich nicht so wichtig. Er bewirbt sich im Süd-Wahlkreis „Stuttgart I“, zu dem bürgerlich-gehobene Außenbezirke im Grünen gehören, aber auch die politisch grüne Innenstadt. Im selben Wahlkreis tritt übrigens auch Grünen-Chef Cem Özdemir an, dem die eigene Partei den sicheren Listenplatz verweigerte.

Für Dr. Stefan Kaufmann ist Cem Özdemir „mein Gegenkandidat“. Mit platten Multikulti-Plakatscherzen („Ein Schwabe für Stuttgart“) will Özdemir das Direktmandat gewinnen, das er besonders dringend braucht. Im Nord-Wahlkreis „Stuttgart II“ kandidiert Karin Maag für die CDU, die eigentlich lieber Bürgermeisterin geworden wäre und jetzt die Wähleraugen mit orangefarbig plakatierten Kindergarten-Sprachspielchen foltert („KARIN MA(A)G STUTTGART“). Zwei SPD-Kandidatinnen gibt’s auch, aber die sieht man wenigstens kaum.

Torten und Süßes

Dr. Stefan Kaufmann ist Wirtschaftsanwalt in einer angesehenen Sozietät und hat viele vernünftige Ansichten zur Arbeitsmarkt-, Forschungs-, Haushalts- und Sozialpolitik. Die können die gender-korrekt so angesprochenen Wählerinnen und Wähler und Bürgerinnen und Bürger und Stuttgarterinnen und Stuttgarter in seinem Werbeblatt nachlesen. Oder im Internet. Von Angela Merkel ist Dr. Stefan Kaufmann auch ganz begeistert.

Aber wer liest schon Programme? Im Porträt der „Stuttgarter Nachrichten“ zeigt sich der Kandidat mal so richtig lässig privat: Dr. Stefan Kaufmann mag – die einzige Schwäche, klar – Torten und Süßes, drei Tütchen Zucker pro Milchkaffee; er mag Gespräche, und er lebt als Homosexueller mit einem Mann zusammen.

Dr. Stefan Kaufmann weiß natürlich, daß das Private politisch ist, heutzutage erst recht. Seine homosexuelle Partnerschaft könnte ihn in den bürgerlichen Gegenden schon „ein paar hundert Stimmen“ kosten, kalkuliert der Teilnehmer an der diesjährigen „Christopher Street Day“-Parade ganz nüchtern; dafür dürften ihm in der Innenstadt „deswegen mehr Stimmen zufallen“.

Na, dann ist ja alles in Butter. „Offene und scharfe Kritik“ hätten ohnehin nur „ganz wenige Erzkonservative“ ausgesprochen. Und auf die kann man in der Union ja bekanntlich schon seit einer ganzen Weile recht gut verzichten.

Das idealtypische Gesicht der neuen CDU

Dr. Stefan Kaufmann ist so etwas wie das idealtypische Gesicht der neuen CDU. Ein Allesrichtigmacher mit tadellosem Lebenslauf und internationaler Berufserfahrung, den jeder Personaler sofort einstellen würde. Ein vernünftiger Mensch, der nie was Falsches sagt und den eigentlich auch jeder Grüne und Liberale mögen und wählen sollte.

Einer aus Angela Merkels vielumworbenen neuen „urbanen Milieus“ eben, in denen man gerne glatt und unverbindlich bleibt und sich lieber über Konsumgewohnheiten und Lebensstile definiert als über Werte, Überzeugungen und Bekenntnisse, die auch bei Gegenwind noch gültig bleiben.

Sollen die begriffsstutzigen CDU-Stammwähler, die da nicht mitkommen, doch zu Hause bleiben. Oder vielleicht mal was ganz anderes wählen?

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