In Deutschland hat prinzipiell jeder das Recht, eine „freie Schule“ zu gründen. Davon verspricht sich der Gesetzgeber eine „Bereicherung der Schullandschaft“, und so ziemlich alle halbwegs funktionierenden und einen großzügig abgesteckten Rahmen einhaltenden Projekte kommen schließlich zur staatlichen Anerkennung und Förderung. Ist es erst soweit, endet die inhaltliche Revision, die selbst im staatlichen Bereich kaum spürbar ist.
Schulen werden mittlerweile von profitorientierten Unternehmen, die Bildung als Ware im elitär anmutenden Hochglanzprospekt anbieten, ebenso betrieben wie von religiösen Gemeinschaften und improvisierenden Elterninitiativen. Der Zulauf ist enorm, da das öffentliche Bildungswesen verfällt, indem es qualitätssichernde Maßstäbe ebenso aufgegeben hat wie Standorte.
Die von der Anthroposophie Rudolf Steiners bestimmten Waldorfschulen etwa sind seit 1919 ein Erfolgsbeispiel. Was man anthroposophischen Esoterikern gestattet, dürfte man Vertretern eines konservativen Aufbruchsgedankens nicht verweigern. Ein ehemaliger Freibundler aus Brandenburg, jetzt Ingenieur, sieht die Gründung einer „Bündischen Schule“ als seinen Lebenstraum an.
Lange betrog sich die Schulpolitik selbst
Man wird darüber lächeln, man wird von Illusionen reden, man wird besserwisserisch nachfragen, welche bündischen Linien denn fortgezeichnet werden sollen, zudem von einer Jugendbewegung wie zu Blühers und Tusks Zeiten nicht die Rede sein kann. Aber genau in diesem mutigen Vorhaben läge ein entscheidender Impuls, den in seinen engen Kreisen eher nachdenkenden als handelnden Konservatismus neu zu beleben. Hier eröffnete sich eine Brücke, die ihn über Kulturkritik und das wohlige Selbstmitleid des vermeintlich verlorenen Postens hinausfinden ließe.
Sobald die Gründung einer solchen Schule beantragt würde, riefe sie den Widerstand der Kultusbürokraten und Linken auf. Aber für diese politische Auseinandersetzung sollte man dankbar sein, weil man sie nur gewinnen kann. Jenen, die das Abitur an jeden und entweder auf Gesetz oder per Los verteilen, die Leistungsbereitschaft, Vaterlandsliebe und Idealismus für reaktionären Ungeist halten und der Jugend keine Verantwortung für sich selbst übertragen, statt dessen aber halbgebildete und verzärtelte Narzisse erziehen und ihnen glattgerechnete Zeugnisse mit inflationierten Abschlüssen ausdrucken, fehlen mit den festen Standpunkten längst die Argumente. Allzu lange betrog sich die Schulpolitik selbst.
Nation aus der Jugend heraus erfrischen
Eine bündischen Traditionen verpflichtete Schule jedoch fände angesichts von Werterelativismus und Substanzverlust sofort eine zunächst kleine, aber gesicherte Klientel, dürfte sich – im Wortsinne – frei tragen und könnte günstigstenfalls eine Initialzündung sein, weil sie innerhalb der Bildung ansetzt, wo die gesellschaftlichen Lebenslügen sich wie in einem Brennpunkt sammeln.
Eine solche Schule wäre das Aparteste, was sich in Deutschland denken läßt. Sie würde den Versuch wagen, die Nation aus der Jugend heraus zu erfrischen und ein ehrliches Selbstvertrauen zu ermöglichen. Sie würde keine Schule für alle sein, aber eine für jene, die Anstrengung noch als Genuß entdecken, die ihr Haus selbst bestellen, die Arbeit wieder würdigen und die Lust an der Erprobung ihrer Kräfte entwickeln. Hier bildete sich eine Gemeinschaft, die der elitären Etikettierung durch Bürokraten, Funktionäre und Rankings nicht bedarf, weil Elite ihr bescheidenes Selbstanliegen ist.