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Was ist sozial?

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Studien sind eine feine Sache. Es gibt sie zu fast jedem Thema und mit beinahe jeder gewünschten Tendenz; wer trotzdem keine passende findet, kann – Kleingeld vorausgesetzt – sich selbst eine bestellen und anderen damit triumphierend vor der Nase herumwedeln.

Studien atmen nämlich nicht nur wissenschaftliche Autorität, sie sind auch in der Regel so umfangreich, daß jeder sich beim tagespolitischen Interpretieren das heraussuchen kann, was sein eigenes Weltbild stützt, und den Rest getrost beiseite läßt.

Kein Wunder also, daß die Neobolschewisten von der Linken frohlockten, als „Berlinpolis“, gern als „Denkfabrik“ bezeichnet, ein neues europäisches „Sozialranking“ veröffentlichte.  Deutschland in puncto „soziale Gerechtigkeit“ und „Zukunftsfähigkeit“ EU-weit nur im unteren Drittel, und das zehn Tage vor der Wahl – wunderbar. Daran kann ja nur die böse „Agenda 2010“ schuld sein und daß man „den Reichen“ immer noch zu wenig nimmt, um es „den Armen“ zu geben.

Man kann die Studie aber auch ganz anders lesen. Zum Beispiel, indem man sich die Faktoren genauer ansieht, die Deutschland im Bewertungssystem von „Berlinpolis“ nach unten ziehen: Erstens die Bildungs- und Arbeitsmarktchancen von Einwanderern, zum anderen, besonders düster, das Generationenverhältnis: In keinem anderen Land kommen so wenige junge Menschen auf so viele Rentner.

Fehlende Generationengerechtigkeit sprengt jeden Sozialstaat

Daß die Demographie zur sozialen Gerechtigkeit gehört, ist ein ungewöhnlicher Gedanke, aber ein richtiger. Fehlende Generationengerechtigkeit sprengt jeden Sozialstaat. Das Fehlen der Steuer- und Beitragszahler, die ihn bezahlen sollen, aber gar nicht mehr geboren werden, erst recht. 

Was aber ist sozial? Das Volumen der Umverteilung ist dafür kein Gradmesser. Ein Staat kann ein elaboriertes Sozialsystem haben und gerade deswegen unsozial sein, weil er seine staatstragende Mittelschicht durch Überforderung zerstört. Er kann Unsummen in ein Bildungssystem stecken, das dennoch überlastet und zweckentfremdet versagt, weil man ihm Menschenmassen zur Zwangsintegration überantwortet, die den Bildungserfordernissen eines modernen Industriestaates nicht einmal annähernd gewachsen sind.

Geld kauft weder Intelligenz noch Disziplin, weder Anpassungs- noch Leistungsbereitschaft. Die Versozialarbeiterung nahezu aller Lebensbereiche schafft das übrigens auch nicht.

„Sozial“ muß neu buchstabiert werden 

Für Politiker ist so etwas schwer einzusehen und zuzugeben, in Wahljahren sowieso. Es ist ja auch viel einfacher, immer neue Umverteilungs-Wohltaten für möglichst viele zu fordern, ohne sich um die Deckung des Wechsels zu kümmern. Einfacher jedenfalls, als für ein Sozialsystem einzutreten, das zwar niemand ins Elend abstürzen läßt, aber auch keinem den Anreiz zu Arbeit und eigener Anstrengung nimmt.

„Sozial“ muß dringend neu buchstabiert werden. Sozial ist auch: eine Einwanderungspolitik, die den möglichen Beitrag des Aspiranten zum Wohlergehen aller zum ersten Einlaßkriterium erhebt; und eine Bevölkerungspolitik, die der weiteren Auszehrung der Stützen des Gemeinwesens entgegenwirkt. Man wird künftige Sozial-Diskurse daran zu messen haben.

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