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Marc Jongen, ESN Fraktion

In die Versöhnungsfalle getappt

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In der Danziger Katharinen-Kirche hängt seit den achtziger Jahren ein Kreuzwegzyklus, in welchen die Schergen, die Jesus geißeln und ans Kreuz nageln, deutsche Stahlhelme und Uniformen tragen. Tiefenpsychologen und Kenner der polnischen Szene werden die Botschaft dieser Bilder unschwer deuten können: Die polnische Nation als der Christus unter den Nationen, heiligmäßig lebend und grauenhaft leidend einerseits, und die Deutschen als das verkörperte Böse andererseits. Daß diese Sicht keineswegs abwegig ist, bewiesen 46 polnische Parlamentarier, die 2006 den Antrag einbrachten, Jesus Christus zum König von Polen zu krönen. Und als der Osteuropahistoriker Gotthold Rhode einmal vorschlug, den Tausenden volksdeutschen Pogromopfern von 1939 (Bromberger Blutsonntag) am Tatort ein „bescheidenes Denkmal“ zu setzen, entgegnete der polnische Historiker Edward Serwanski: „Die Idee, eine ‘Versöhnung’ (…) durch Setzung eines Gleichheitszeichens zwischen Angreifer und Opfer herbeizuführen, enthält das Ansinnen, den Unterschied zwischen Gut und Böse auszulöschen!“

Weit verbreitet – nicht nur bei polnischen Nationalisten – ist die Legende, die Oder-Neiße Grenze sei Warschau von den Alliierten aufgedrängt worden; man selbst habe sie im Grunde gar nicht angestrebt. Das Gegenteil ist durch zahllose Äußerungen polnischer Spitzenpolitiker der Vorkriegszeit unschwer zu belegen. Fest steht demnach: Der Krieg war nicht die Ursache der Vertreibung (demnach hätte auch Frankreich ein Viertel Deutschlands annektieren und ethnisch säubern müssen), sondern nur eine günstige Gelegenheit zur Verwirklichung alter Pläne. Zur Mythologie zählt auch die Behauptung, die Millionen Vertreibungstoten gingen auf das Konto der Sowjet-union; das gottesfürchtige Polen habe daran keinen nennenswerten Anteil.

Ganz anders klangen die Absichten, die der polnische Exildiplomat Jan Karski 1943 gegenüber dem US-Präsidenten Roosevelt offenbarte: „Wir haben vor, im Augenblick des deutschen Zusammenbruchs einen kurzen, sehr schrecklichen Terror gegen die deutsche Bevölkerung zu organisieren, so daß diese von sich aus massenhaft das Gebiet Polens verlassen wird.“ Die jugoslawischen Praktiken der ethnischen Säuberung lassen grüßen.

Ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin (jetzt offiziell: „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“) könnte natürlich das mystische überhöhte Selbstbild vieler Polen ins Wanken bringen. Die Deutschen wollten „Henker zu Opfern“ uminterpretieren und: „Polen kann niemals einem solchen Zentrum zustimmen“, betonte Polens Staatschef Lech Kaczyński, so als ob deutsches Totengedenken von seiner Genehmigung abhinge; bei den weit über 1.000 polnischen Gedenkstätten für NS-Opfer hatte natürlich niemand um eine deutsche Genehmigung nachgesucht. Nicht minder aggressiv reagierte der polnische Deutschland-Beauftragte Wladyslaw Bartoszewski, als er die Nominierung von Erika Steinbach, Präsidentin des Bundes der Vertriebenen und Initiatorin des Projekts, für den Stiftungsrat eine „Unanständigkeit“ nannte und mit der Absage bilateraler Gespräche drohte.

Andererseits wird Polen seit Jahren von deutschen Linken gegen das Vertreibungszentrum aufgestachelt, sei es von Gesine Schwan und Wolfgang Thierse oder von Claudia Roth. Hinzu kommt, daß naive Deutsche aller Parteien, geführt von Kanzlerin Merkel, die ihre Parteifreundin Steinbach letzlich den Forderungen aus Polen und ihren Berliner Verbündeten bedenkenlos opferte – in eine Art Versöhnungsfalle getappt sind: Um sich das Wohlwollen Warschaus zu erkaufen, sind sie bereit, fast jeden Preis zu zahlen: Geld, Menschenrechte, historische Wahrheit. Sie kennen offenbar nicht das französische Sprichwort, daß nämlich die Wahrheit das Vorwort zur Versöhnung ist.

Dr. Heinz Nawratil ist Jurist und Autor der Bücher „Schwarzbuch der Vertreibung“, „Der Kult mit der Schuld“ und „Die deutschen Nachkriegsverluste“. Seine juristischen Handbücher haben eine Millionenauflage erreicht.

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