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Studium unter dem roten Stern

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Studium unter dem roten Stern

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Cato, Palmer, Exklusiv

Nenn’ mich einfach Jan“,  sagt der großgewachsene Mann, der seine Hände in den Taschen seines Anoraks vergraben hat. Der Tag in Bremen ist wolkenverhangen und windig. Eigentlich viel zu ungemütlich für einen Spaziergang im Freien. Doch Jan will es so. Er fühlt sich so sicherer, sagt er. Nachdenklich stapft er den Jan-Reimers-Wanderweg entlang. Vielleicht war es der Name des Feldweges, der ihn zu dem erfundenen Namen inspirierte. Vor allem war es die Sorge darüber, seine Identität preisgeben zu müssen. Erst recht, wenn ihn eine Zeitung sprechen möchte. Und dann ist es ja auch nicht irgendeine Zeitung, in der er zitiert werden soll. Sondern es ist die JUNGE FREIHEIT — „ein erklärter Feind der Linksextremisten“, wie er zu bedenken gibt. Dabei ist „Jan“ eigentlich gar nicht so wortkarg. Er studiert Politikwissenschaft. Die Semesterpartys läßt er nie aus. Auch in seinem Studentenwohnheim ist er beim Feiern stets groß dabei. Bei linken Demonstrationen mischte er ebenfalls mit, protestierte gegen Castor-Transporte, engagierte sich gegen Rechtsextremismus. Bis zum Sommer vorigen Jahres. Da ging es zum G8-Gipfel nach Heiligendamm. „Was da abging, hat mich nachdenklich gemacht“, sagt der 23jährige mit grimmigem Blick. Man wolle vollkommen gewaltlos gegen soziale Ungerechtigkeiten protestieren, hatte es geheißen. Auch Studenten seiner Universität hatten zum Protest gegen „die da oben“ beim G8-Gipfel aufgerufen: im Internet, in Videobotschaften und auch beim AStA, dem Allgemeinen Studentenausschuß. „Anfangs fand ich das alles in Ordnung. Aber mit der Zeit wurde mir klar, daß die Gewaltlosigkeit, die immer angepriesen wurde, eine Lüge war.“ Sein Enthusiasmus für linke Aktionen hatte ihn gepackt, als er sein Studium  an der Universität Bremen begann. „Ich fand’s zunächst recht cool, was der AstA bei uns auf die Beine stellte. Das hatte was von Robin Hood.“ Jan machte begeistert mit. „Ich war naiv“, sagt er heute. Leise. Vorsichtig. „Wenn die rauskriegen, was ich ausquatsche, wird mein Leben an der Uni zur Hölle“, fürchtet er. Und spricht damit den Grund an, warum er aus der Rolle des linken Aktivisten ausgestiegen ist. „Denen geht es nicht um mehr Demokratie“, bringt er nach einer Weile des Schweigens hervor. Jan ist stehengeblieben. Sein Blick schweift in die Bäume am Wegesrand, von denen der Wind immer mehr der roten Blätter abreißt, die einst grün waren.  Auch er fühlt sich losgerissen, desillusioniert von einer Ideologie, die er inzwischen als totalitär bezeichnet. „Die reden von Meinungsfreiheit, aber sie lassen nur ihre Meinungen zu“, ist sein Urteil über den Bremer AStA. Er sei immer noch ein Linker. Aber das, was der AStA an seiner Universität da so veranstalte, damit will er heute nichts mehr zu tun haben. „Die arbeiten Hand in Hand mit Krawallmachern“ — für ihn als erklärten Pazifisten ein „Unding“. Was Jan damit meint, läßt ein Blick in die Räume des AStA der Bremer Universität erahnen. Statt Informationen für die Belange der Studenten liegen linksextremistische Broschüren auf den Info-Tischen. „Der Castor bleibt auf der Strecke“, heißt es da etwa in dicken Lettern auf einem DIN A3-Blatt. Ein vermummter Autonomer reckt darauf eine Fahne mit Stern und dem Symbol einer vermummten Sonne mit geballter Faust empor.  „Sicherlich gibt es viele Stellen, den Schraubenschlüssel ins Getriebe des Kapitalismus zu werfen; im Bereich der Energiepolitik stellen Castor-Tran­sporte ins Wendland einen einmaligen Angriffspunkt dar“, heißt es da. Und: „Bildet Banden“, wird dort ganz offen geschrieben und festgestellt: „Viele haben diesen Aufruf in den vergangenen Jahren beherzigt …“ Flugblätter der Rosa-Luxemburg-Stiftung sind hier zu finden, Broschüren der Jungen Linken sowie die Semesterzeitung von „Die Linke.SDS“. Und was ein Artikel im Semesterrundbrief des AStA über den Kampf südmexikanischer Zapatistas mit der Hochschulsituation in Bremen zu tun hat, erschließt sich einem nicht wirklich. Aktionen, die es so beim AStA gar nicht geben dürfte. Denn finanziert werden dessen Aktivitäten mit den Semesterbeiträgen der Studenten. Und ob von denen wirklich jeder den Kampf der Zapatistas um Enteignung der Grundbesitzer Mittelamerikas teilt, darf bezweifelt werden. Die Urteile der Gerichte jedenfalls sind eindeutig: Der AStA verfügt über kein allgemeinpolitisches Mandat, hatte das Bremer Verwaltungsgericht bereits 1999 entschieden. Erklärungen, Forderungen und Stellungnahmen, die nicht hochschulbezogen sind, seien daher zu unterlassen. Insbesondere Veröffentlichungen und Aktivitäten zur Energiepolitik, der inneren Sicherheit und der Ausländerpolitik zählten dazu. Die Anzeichen, daß der Beschluß des Verwaltungsgerichts vermutlich unterlaufen wird, liegen offen herum: Werbeaufkleber der Antifa, Zettel, die zur Solidarität mit Personen auffordern, die im Verdacht stehen, terroristische Vereinigungen zu bilden oder zu unterstützen. Letzteres geschieht aus gegebenem Anlaß. Die Bremer Universität war im vergangenen Jahr ins Visier des Staatsschutzes geraten. Im Zentrum der Ermittlungen: Fritz Storim, ein Alt-Achtundsechziger, der in den siebziger Jahren in der Anti-Atom-Bewegung aktiv war und für die Universität als Lehrbeauftragter tätig ist. Er und siebzehn weitere Personen standen damals im Verdacht, mit Brandanschlägen und anderen gewalttätigen Aktionen den Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm verhindern zu wollen. Auch der Umstand, daß der AStA seinen Studenten keinen Einblick in seinen Haushaltsplan geben möchte, spricht Bände. „Das machen wir nicht“, lautet die lapidare Antwort eines AStA-Mitarbeiters. Warum nicht? Der Mitarbeiter zieht nervös an seiner selbstgedrehten Zigarette, zieht den Rauch ein und atmet ihn langsam und intensiv wieder aus, ehe er antwortet. „Keine Ahnung. Das ist so. Da müssen Sie mal im Büro fragen, aber das hat jetzt geschlossen.“ Beschlossen wird der Haushaltsplan vom Studierendenrat. „Wir haben aber auch nicht alles bekommen“, sagt ein Vertreter dieses Gremiums.   Rund 214.000 Euro kann der AStA der Universität Bremen nach dem  Haushaltsplan für 2008/2009  an Einnahmen aus Beiträgen der Studentenschaft für sich verbuchen. Doch wofür die Gelder verwendet werden, bleibt zumeist unklar. So sind unter dem Posten „Veranstaltungen“ 20.000 Euro veranschlagt. Um welche Veranstaltungen es sich handelt, bleibt verborgen. „Die Haushaltstitel sind sehr allgemein gehalten worden“, sagt ein Mitglied des Studierendenrates. „Da stand dann beispielsweise der Posten Reisekosten drin, ohne daß wir daraus ersehen konnten, welche Fahrten unternommen wurden.“ Auch habe der AStA neue Wege beschritten, um das verbotene allgemeinpoltische Mandat trotzdem wahrzunehmen. „Letztes Jahr rief beispielsweise die Junge Linke zur Demo gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm auf. Und der AStA veranstaltete dort dann zufällig ein hochschulpolitisches Seminar, wodurch sie berechtigt waren, die Reisekosten mit den Semesterbeiträgen der Studenten abzuwickeln.“  Namentlich genannt werden möchte der Gremienvertreter nicht. „Ich will keinen Ärger bekommen“, sagt er. Die Angst vor Repressalien durch Linksextremisten ist groß. Der Studierendenrat wird von den Studenten gewählt. „Aber die Wahlbeteiligung liegt meist nur bei 10 Prozent“, erzählt Daniel de Olano von der Liberalen Hochschulgruppe Bremen. „Und von den zehn Prozent wählen dann rund 60 Prozent die linken Spinner“, sagt er. Bei denen handele es sich in der Regel um  Berufsstudenten. Und dann gebe es einige, die dagegen seien. „Aber durch die neue Studienstruktur bleibt kaum Zeit, sich noch für so etwas zu engagieren.“ Ein Umstand, dem Daniel George durchaus etwas Positives abgewinnen kann. „Langzeitstudenten gehören bald der Vergangenheit an“, ist der Bundesvorsitzende der Liberalen Hochschulgruppen überzeugt. „In vielen Studentenausschüssen befinden sich die Linken daher bereits auf dem Rückzug“, meint er. Auch an der Freien Universität Berlin scheint der Haushaltsplan des AStA ein heißes Eisen zu sein.  „Den geben wir nicht heraus“, heißt es auch dort. Warum nicht? „Weil wir den nicht herausgeben“, lautet die ebenso spärliche wie hilflose Antwort eines AStA-Vertreters. Auch dessen Finanzreferat gibt sich wortkarg. „Den haben wir gar nicht“, heißt es da auf einmal. „Unsinn“, erklärt Daniel George der JF. Der AStA sei gesetzlich verpflichtet, jedem Studenten Einblick in den Haushaltsplan zu gewähren. Foto: Studenten an der Universität Bremen, linkes Transparent: Eindeutige Gerichtsurteile zum allgemeinpolitischen Mandat

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