Mit dem Tod von Papst Johannes Paul II. begann in der Kirche ein subtiler Wahlkampf, weil der neue Nachfolger Petri grundlegende Weichenstellungen für die Zukunft der Kirche vorzunehmen hat. Es geht um eine Richtungsentscheidung, die davon abhängt, ob der neue pontifex maximus aus dem liberalen oder konservativen Lager kommt. Alle Medien berichten inzwischen, wie der neue Papst sein muß und was er tun sollte: Eine weitere „Öffnung zur Welt“ verlangen die einen, eine Rückbesinnung auf das originär Katholische die anderen. Da die weltlichen Medien natürlich den progressiven Reformer herbeireden wollen, stellt sich die Frage nach den Grundtendenzen der katholischen Medien in Deutschland. Eine „Öffnung zur Welt“ oder doch Rückbesinnung? Die Bistumspresse macht mit einer wöchentlichen Gesamtauflage von etwas mehr als einer Million Exemplaren den größten Anteil der kirchlichen Publikationen aus. Die 26 Bistumsblätter sind von unterschiedlicher Qualität und haben nur Bedeutung für die Diözesen. Gemeinsam ist den vom jeweiligen Diözesanbischof herausgegebenen Kirchenzeitungen jedoch eine liberale Grundhaltung. Daneben gibt es zwei Zeitungen, die zu 100 Prozent von der Kirche getragen werden: Die Tagespost ( www.die-tagespost.com ) mit dem Untertitel „Katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur“ erscheint ihrem Namen zum Trotz nur alle zwei Tage und hat eine Auflage von 15.000 Exemplaren. Sie ist bekannt für ihre Unionsnähe, die auch daraus resultiert, daß ein Teil der Redakteure bei Comunione e Liberazione aktiv ist, einer der neukatholischen Bewegungen, die in Italien früher als geistlicher Flügel der Democrazia Cristiana galten. Die kirchliche Berichterstattung ist papsttreu, geprägt von der nachkonzili-aren Theologie in der typisch römischen Ausformung. Eine Wochenzeitung mit einer Auflage von 102.000 Exemplaren ist der Rheinische Merkur (www. merkur.de). An der Zeitung sind die finanzstärksten deutschen Bistümer beteiligt. Politisch ist sie ebenso unionsnah, aber viel liberaler, obwohl zu den Herausgebern Christa Meves und Steffen Heit-mann zählen, die beide als eher konservativ gelten. Als übertrieben fortschrittlich mit gelegentlichen rechtgläubigen Elementen muß man die theologischen Inhalte dieser Zeitung beurteilen – ähnlich der Mentalität des deutschen Episkopats. Doch selbst bei konservativen Publikationen wie Der Fels ( www.der-fels.de ) werden liberalere Tendenzen immer stärker. Früher war die monatlich in etwa 6.000 Exemplaren erscheinende Zeitschrift das wichtigste Organ der glaubenstreuen Katholiken, dessen Anliegen die Verteidigung der Lehre ohne Abstriche war. Der Begründer, Pater Hermes SJ, wagte es gar, vermeintlich rechtgläubige Theologen zu kritisieren, weil er deren Ansichten zur Erlösung für irrig hielt. Unter dem neuen Chefredakteur wäre dies unmöglich. Für ihn ist die Kirchenkrise nur eine Autoritäts- und keine Glaubenskrise. Heute wird im Fels der Jubelkatholizis-mus der neuen geistlichen Bewegungen propagiert. Die Monatsschrift Theologisches ( www.theologisches.net ) verfolgt dagegen einen anderen Ansatz, denn angesichts der kirchlichen Lage gilt es, Gefahren zu erkennen und abzuwehren. Die Publikation wird von etwa 8.0000 traditionsorientierten Katholiken geschätzt und hat durch den neuen Herausgeber, einen jungen Thomisten, noch an Ansehen gewonnen. Jubelkatholizismus der neuen geistlichen Bewegungen Neben der Kirchlichen Umschau ( www.kirchliche-umschau.de ), die dem traditionstreuen Katholizismus zuzurechnen ist, sind die IK-Nachrichten mit einer Auflage von 18.000 Exemplaren und eindeutig konservativer Haltung weit verbreitet. Das Heft wird von Pro Sancta Ecclesia ( www.pro-sancta-ecclesia.de ) herausgegeben und unternimmt monatlich auf acht Seiten den Versuch, die Gläubigen in Bedrängnis zu stärken und vor Fehlentwicklungen zu warnen. Aufgrund des Kooperationsverhältnisses, das die Kirche mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingegangen ist, verzichtet sie auf eigene Radio- und Fernsehsender. Im Gegenzug wird ihr dafür ein gewisser Einfluß auf die Programmgestaltung gewährt. Kirchlich konservativ orientierte Rundfunksendungen gibt es aber selbst in Bayern nicht. Obwohl die Kardinäle heute bei der Wahl eines Papstes nicht mehr in die Sixtinische Kapelle eingemauert werden, können gläubige Katholiken sicher sein, daß das Ergebnis des Konklaves eher auf den Heiligen Geist zurückgeht als auf jeweils unterschiedlich gefärbte Berichterstattung in den deutschen katholischen Medien.