Warum gibt es überhaupt die traditionelle Familie? Eine Familie mit Kindern, in der Vater und Mutter verheiratet sind, zusammenhalten und ein Elternteil (im Zweifel die Frau) wenigstens einige Jahre – wenn nicht auf Dauer – keiner Erwerbstätigkeit nachgeht? Doofe Frage? Finde ich nicht. Man könnte ja auch auf die Idee kommen, daß es dieses „traditionelle Familienmodell“ gibt, weil es irgendwelchen sentimentalen Romantikern einmal so eingefallen ist. Oder weil irgendwelche Religionsführer sich in diese reaktionäre Idee vernarrt haben. Vor allem existiert dieses Familienmodell wohl, weil es existentiell notwendig ist, um das Fortkommen und Überleben des Nachwuchses sicherzustellen und um die daran Beteiligten abzusichern. Und weil sich dieser Verband als der überlebensfähigste kleinste solidarische menschliche Zusammenschluß bewährt hat. Natürlich steht im Zentrum die Liebe zwischen den Ehepartnern – wer wird das vergessen. Dennoch: Wird die existentielle Notwendigkeit zur Familiengründung restlos beseitigt, dann ist es folgerichtig, wenn die Familie untergeht – aber schließlich mit ihr auch die Kultur, die auf sie gegründet ist. Nichts anderes erleben wir derzeit im Zeichen der demographischen Selbstaufgabe, die für die westlichen Industrienationen kennzeichnend ist. Und eines ist frappierend: Je komfortabler das soziale System, je umfangreicher „Betreuungsangebote“ ausfallen, um so nachhaltiger die Auflösungserscheinungen der jeweiligen Familienstrukturen. Denn: An die Stelle des solidarischen Schutzverbandes Familie tritt der Staat. Um so bereitwilliger er mit immer neuen Lockangeboten, Prämien, Betreuungsangeboten segensreich zur Stelle ist, um vermeintlich strauchelnde Familien generös zu stützen, um so stärker beschleunigt sich deren Auflösungsprozeß. So ist auch die Debatte um das in der vergangenen Woche publizierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Unterhaltsrecht und die Polemik gegen das von der CSU geforderte „Betreuungsgeld“ für Mütter zu werten. Karlsruhe stellte nun uneheliche Kinder ehelichen im Falle von Unterhaltsansprüchen nach einer Trennung der Eltern gänzlich gleich – bislang endete der Unterhaltsanspruch unehelicher Kinder zu einem früheren Zeitpunkt als bei ehelichen. Isoliert betrachtet womöglich eine korrekte Entscheidung. Nur: Im Kontext zahlloser Gesetzesänderungen und anderer Entscheidungen ist dies einer der Nägel zum Sarg des besonderen Schutzes der Ehe und damit der Familie. Die Familie wird ihres exklusiven Schutzcharakters beraubt, statt dessen springt der Staat ein. Nicht anders bei der aktuellen Kita- und Betreuungsgeld-Debatte: Der Staat begünstigt mit Milliardensubventionen an neue Kinderbetreuungseinrichtungen einen Lebensentwurf, der Müttern eine möglichst rasche Rückkehr in den Beruf ermöglicht. Er hält es aber nicht einmal in gleichem Maße für förderungswürdig, wenn Familien die Betreuung selbst leisten, indem ein Elternteil (in der Regel natürlich die Mutter) zu Hause bleibt. Nun heißt es, wenn der Staat nicht die Betreuung frühzeitig an sich ziehe, dann gingen die Kinder zugrunde … Mit einer solchen Weltanschauung tragen wir nicht nur die Familie, sondern zum Schluß auch den Staat zu Grabe.