Paßt auf vor den Leuten, die nur Dünnschiß und Lügen über das Leben erzählen! (Mat. 7, 15)“ Ja, was muß man nicht von bösen Buben hören oder lesen. Martin Dreyer ist es gelungen, das Buch der Bücher neu und frei zu übersetzen. Was in saecula saeculorum von Luther begonnen wurde und letztendlich an unserem säkularisierten Säkulum scheiterte, führte der freikirchliche Prediger und Suchtberater, der in den 1990ern die Jesus-Freaks gründete, mit selbsterklärter Bravour zu Ende. Dreyer hat dem Volk wahrhaftig aufs Maul geschaut. Sein Ergebnis, die – sprachlich aus der „Volxküche“ entlehnte – „Volxbibel“, kann sich sehen lassen. Denn der heutigen Kiezjugend die Heilige Schrift in herkömmlicher Katechese nahezubringen, ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Aber „Ein neuer Vertrag zwischen Gott und den Menschen“ im Stile zugekiffter hiphoppender Skaterkids, das rules. Und Jesus (sprich: Dschie-ses) ist schließlich einer von uns. Der war damals schon okay und hatte immer korrekt krasses Dope auf Tasche. Soll unsere Jugend wieder zu Gott und zum wahren Glauben finden, muß das Wort Gottes, der bekanntlich in allen Sprachen der Welt redet oder neudeutsch: labert (urspr. lat.: lamentare, jammern, wehklagen), auch in der Sprache der ach so zarten Pflänzchen, unserer Zöglinge verkündet werden. Wer mag sich heute noch gerne an autoritäre Erziehungsmethoden erinnern – „Wir sind hier, um zu werden, nicht, um zu sein“ -, die nichts anderes schufen als willen- und charakterlose Marionetten einer obrigkeitshörigen Gesellschaft mit Pfaffen und Fürsten an der Spitze. Nein. Wie die Zucht, so die Frucht! Und da unsere Früchtchen, so läßt sich aus Dreyers Ausführungen entnehmen, mangels Wohlwollen bereits im Keim welke Blüten treiben, müssen wir, die (V)Erziehenden, eben krassen Klartext reden, sprich: in wohlgoutiertem Gaga und Blabla unseren antiautoritär verblödeten Kleinen, die schon wieder keinen Bock haben, das tun zu müssen, was sie wollen, mit reichlich beschränktem Wortschatz erklären, was die Welt im Innersten zusammenhält. Oder besser: Welche Papers beim Barzen am besten reinknallen. Pappsatt – Die Speisung der Fünftausend bei Jesus Mc Donald Dreyers Werk ist beeindruckend simpel. Der angehende Diplom-Pädagoge hat von seiner Arbeit im Jugendheim die nötigen sprachlichen Versatzstücke entliehen. Die Menschen, denen Jesus begegnet, wandeln sich zu „Typen“. Die Speisung der Fünftausend wird mit Burgern in einer JesusMcDonald’s-Filiale erledigt. Aus der Auferstehung Christiwird sein „fettes Comeback“. Ging früher nichts ohne Rom, müssen wir uns heute gen Pisa wenden. Da unsere Jugend des Lesens nicht mehr mächtig ist, scheint es hilfreich, daß das Manna als Hörbuch-Disc daherkommt. Das kann man sich bequem im mp3-Format herunterladen und überall ohne lästiges Blättern reinziehen, wo man will: in der Kirche, in der Disse oder auf dem Klo. Gott ist überall. Dreyer hat verstanden, daß sonntags um zehn, wenn in den Kirchen gähnende Leere und Langeweile herrscht, unsere Kinder noch chillend im Bettchen auf den nächsten Flashback oder Freßkick warten. Das Wort läßt sich viel einfacher per Knopfdruck und Kopfhörer genießen. Statt Hostien gibt’s halt Haschkekse. Hauptsache, die Message stimmt. „Einander lieben, ist das wichtigste, wo gibt“ (Röm.13,8). Das gibt Nestwärme. Mann, bin ich high et lux perpetua luceat mihi. So lasset uns niederknien, singen und lobpreisen den Herrn in Seiner Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit: „Hey, unser Papa da oben! Du allein sollst auf dieser Welt ganz groß rauskommen! Du sollst hier das Sagen haben, auf der Erde genauso, wie es ja schon da oben im Himmel der Fall ist. Bitte versorg uns mit allem, was wir heute so zum Leben brauchen! Und verzeih uns die Sachen, wo wir mal wieder Mist gebaut haben. (…) Hol uns aus der Gefangenschaft von dunklen Gedanken und Taten raus. Denn dir ist doch nichts unmöglich, du hast die ganze Power und du sollst für immer unser Held sein. So paßt es!“ Wem dieser Spruch nicht paßt, der brenne im ewigen Fegefeuer oder mache einen besseren Vorschlag. Denn die „Volxbibel“ ist open source, jeder sein eigener Luther oder Dreyer. Ganz wie es einem gefällt. Amen. – Oder doch nicht? In dem evangelischen Nachrichtenmagazin idea spektrum beispielsweise tobt derzeit ein Streit über die Volxbibel, bei dem „Jesustreue“ gegen „Bibeltreue“ Position beziehen. Gegen den Vorwurf, daß der „flotte Dreyer“ die Bibel in zotiger und flapsiger Sprache verfälsche, wird ins Feld geführt, daß sich türkische Jugendliche gern die „Volxbibel“ reinzögen, ja, daß koranlesende Nachbarn neidisch würden ob des krassen Jargons, da derartiges im Islam nicht vorstellbar sei. Das findet auch Dreyer, spreche seine Volxbibel doch „so powerful Dinge, die einen sprachlos machen“. In der Tat, da ist das Wort, das am Anfang war, am Ende. Die Volxbibel. Übertragen von Martin Dreyer. Volxbibel-Verlag, Witten 2006, 576 S., 9,90 Euro. Internet: www.volxbibel.de