Man könnte sagen, der französische Wirtschaftswissenschaftler Yves-Marie Laulan ist ein Experte für alles, was schiefgeht. Sein Schlüsselwort lautet „Verfall“ – politischer, wirtschaftlicher, militärischer, vor allem aber demographischer und gesellschaftlicher Verfall. In seinem 1998 erschienenen Buch „Les nations suicidaires“ stellt er fest, Frankreich habe sich „bereits auf Zehenspitzen aus der Geschichte verabschiedet“: „Aufgrund seiner Entwicklung, die gekennzeichnet ist von einem demographischen Schwund im Innern, der kompensiert wird durch eine massive Bevölkerungseinwanderung, hat Frankreich beste Chancen, zu einer, wie man sagen könnte, unglücklichen Gesellschaft zu werden. … Von einer Wirtschaftskrise kann man sich in kurzer Zeit erholen. Die Heilung eines demographischen Traumas aber dauert Jahrzehnte oder Jahrhunderte.“ In „Jacques Chirac et le déclin français“ (2001) zieht er eine Bilanz der französischen Politik der letzten dreißig Jahre. Besonders heftig kritisiert Laulan das 1976 eingeführte Recht auf Familiennachzug, das der Masseneinwanderung die Schleusen öffnete. Chirac stellt er als einen Mann dar, der zwar sympathisch und warmherzig, dabei aber oberflächlich, opportunistisch und bar jeder Überzeugung ist. Seine Schlußfolgerung: „Chirac wird als ein guter Bürgermeister, ein mittelmäßiger Premierminister, ein bedeutungsloser Präsident in die Geschichte eingehen.“ Sein bislang letztes Buch „Allemagne: Chronique d’un mort annoncée“ (2004), (Deutschland: Chronik eines angekündigten Todes) beschreibt das Land als „seit rund dreißig Jahren von einer Art selbstmörderischen Leidenschaft ergriffen“. Im Jahre 2050, so mahnt Laulan, werde Deutschland elf Millionen Einwohner weniger als heute zählen und seine verbliebene Bevölkerung zu 38 Prozent aus über Sechzigjährigen bestehen. Deutschland, prophezeit er, „ist aus Kindermangel unwiderruflich zu einem Tod auf Raten in dreifacher Hinsicht – wirtschaftlich, politisch und kulturell – verurteilt.“ Yves-Marie Laulan ist das, was man in Frankreich als Rechts- und in Deutschland als „Nationalliberalen“ bezeichnet. Geboren 1934 in Bordeaux, begann er seine berufliche Laufbahn in den sechziger Jahren bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds, bevor er Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses der Nato wurde. In den siebziger Jahren nahm er verschiedene Kabinettsposten ein. Später war er als Bankier erfolgreich, auch in führenden Positionen bei der Société générale und der Crédit municipal de Paris. Außerdem lehrte er an verschiedenen Universitäten. Im Jahr 2000 gründete Laulan das Institut für Geopolitik der Bevölkerungsentwicklung in Paris, um „das Bewußtsein für die Folgen der demographischen Entwicklungen zu wecken: Überalterung, Entvölkerung und Masseneinwanderung“. Hierzulande bleibt der Warner jedoch ungehört, für sein Buch fand sich bislang kein Verleger.