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Lobbyisten

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Der Abramoff-Skandal zieht in den USA immer breitere Kreise (JF 3/06). Doch was in Europa für Empörung sorgt, ist in Amerika Alltag. In Washington gibt es etwa 30.000 registrierte Lobbyisten, 14.000 sind „aktiv“. Davon sind etwa 250 frühere Parlamentarier oder Staatsbeamte. Sie setzen sich für alles mögliche ein: Universitäten oder Arzneimittel, Süßigkeiten oder Maschinengewehre. Und die Kandidatur für einen Senatssitz kostet zig Millionen. Da überrascht es nicht, daß der Gesamtumsatz der „Lobby-Industrie“ zwischen zwei und drei Milliarden Dollar liegen soll. Eine Zeitung in Philadelphia schrieb schon anno 1795 über Personen, „die für Gruppen-Sonderinteressen vorgehen und versuchen, das Einbringen von Gesetzen oder die Abstimmung über Gesetze oder Entscheidungen der Regierungsverwaltung zu erreichen“. Der Erste Zusatzartikel der US-Verfassung, der das Recht eines jeden sichert, „Beschwerden an die Regierung heranzutragen um Fehlentwicklungen zu korrigieren“, ist quasi die Existenzgrundlage. Die zentrale Rolle des Lobbyisten besteht aus der Herstellung von Verbindungen zwischen dem Kongreß und dem Klienten des Lobbyisten. Und, da sind sich die großen US-Medien einig, die meisten Berufslobbyisten sind korrekt – im Sinne ihrer Auftraggeber. Es gibt firmeneigene Lobbyisten und solche von Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Und es gibt Vertragslobbyisten, die bereit sind, sich für jeden einzusetzen, der sie bezahlt – Gewerkschaften, Kirchen, Parteien oder Einzelpersonen. Lobbyisten, die versucht haben, ausländische Interessen parlamentarisch durchzusetzen, sollen laut einem Bericht des Center for Public Integrity von fast 100 Ländern 624 Millionen Dollar kassiert haben. Eine Wahlkampagne ist ohne den Beistand eines Lobbyisten praktisch unvorstellbar, wobei unzählige Querverbindungen entstehen: Je mehr Geld ein Senator oder Kongreßabgeordneter zugunsten der Wahlkampagne eines seiner Parteifreunde aufbringen kann, desto größere Chancen hat er selbst, wiedergewählt zu werden oder in der Polithierarchie aufzusteigen. Anders ausgedrückt: Je mehr Geld ein Lobbyist aufzutreiben in der Lage ist, desto einflußreicher wird er. Hinzu kommt, daß kein Kandidat über ausreichende Kompetenz verfügt, um alle Fragen zu allen Themen beantworten zu können. Lobbyisten hingegen sind „fokussiert“ und bereit, gegen Entgeld ihre Kompetenz zur Verfügung zu stellen. Allerdings herrscht gegenwärtig – im Schatten der Abramoff-Affäre und nach dem Sturz von Tom DeLaney (Chef der Republikaner-Fraktion) – eine Atmosphäre, die es kaum zuläßt, offen über Geldzuwendungen zu reden. Lobbyistentätigkeit kann manchmal überraschende Auswirkungen haben. Jack Abramoff ist orthodoxer Jude. Seine größten Opfer waren Indianerstämme, die er bei der Beschaffung von Spielkasinolizenzen um 25 Millionen Dollar betrogen hat. Eines der direkten Ergebnisse dieses Skandals ist nun die Gründung eines ständigen indianisch-jüdischen Gremiums. Ein weit wichtigeres Ergebnis ist jedoch die Verschärfung des aus dem Jahr 1995 stammenden Lobbying Disclosure Act, des Gesetzes zur Offenlegung der Lobbyaktivitäten. Die Zeiten für ehemalige Amtsträger vor der Aufnahme einer Lobbytätigkeit sollen verlängert, und die Finanzierung von Vergnügungsreisen von Amtsträgern soll weiter eingeengt werden. Das hätte sich Abramoff, der über 100 Personen und Institutionen mit in den Strudel der Ermittlungen hineingerissen hat, nicht träumen lassen.

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