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Der Abschied der Genossen

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Wer wird zur Beisetzung von Markus Wolf am 25. November auf dem Zentralfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde kommen? Am 9. November war der bis 1986 amtierende legendäre Chef der DDR-Auslandsspionage in Berlin verstorben. Eine schillernde Figur. Ähnlich seinem Gegenspieler Reinhold Gehlen, der bis 1968 den westdeutschen BND leitete, war sein Gesicht lange Jahre unbekannt. Erst 1979 gelangte ein unscharfes Bild von Wolf in die Weltpresse. Neidlos wurde Wolf von Konkurrenten im Geheimdienstgewerbe zugestanden, den besten Geheimdienst der Welt geleitet zu haben. Ist dies im Falle der DDR eine Ehre? Tatsächlich ist Wolf 1986 als HVA-Chef zurückgetreten und hat sich im Ruhestand vorsichtig im Kielwasser von Gorbatschows Perestrojka von der orthodoxen DDR-Linie abgesetzt. Sein vor der Wende publizierter Roman „Die Troika“ zeugt hiervon. Die Illusionen über eine reformierte DDR zerstoben am 9. November 1989, als die Mauer in Berlin von den Volksmassen regelrecht eingedrückt wurde. Noch am 4. November war Wolf bei der Massendemonstration auf dem Alexanderplatz vor 500.000 Versammelte getreten und hatte eine Rede gehalten. Ihm brandete ein gellendes Pfeifkonzert entgegen. Später sagte er über diesen Moment, daß ihm ein Satz Tschingis Aitmatows durch den Kopf gegangen sei: „Jeder Mensch wird im Laufe des Lebens mit einer Richtstatt konfrontiert.“ Nach der Wende hat Markus Wolf die Chance nicht genutzt, einen Beitrag zur rückhaltlosen Aufarbeitung des Terrorapparates der Stasi zu leisten. Ein überzeugender Brückenschlag zu den Opfern fand nicht statt. Er blieb in der SED-PDS/Linkspartei engagiert. Die Partei ehrte ihn im Neuen Deutschland mit einer von Linksparteichef Klaus Lederer und Petra Pau gezeichneten Todesanzeige. Petra Pau ist stellvertretende Bundestagspräsidentin. Dort heißt es: „Wir trauern um einen Freund und Genossen, einen streitbaren Kämpfer, der aufrecht durchs Leben ging.“ In derselben Zeitungsausgabe erschien eine Anzeige, gewidmet „unserem langjährigen Chef, Genossen und Freund“, die „im Namen der Mitarbeiter und Kundschafter der HVA“ unterzeichnet ist von Wolfs Nachfolger als HVA-Chef und Mielke-Stellvertreter, Generaloberst a. D. Werner Großmann, und seinen Stellvertretern, den Generalmajoren Horst Vogel, Heinz Geyer, Heinz Tauchert, Otto Ledermann und Oberst a. D. Ralf-Peter Devaux. Auf dem Friedhof werden Wolfs Urne kaum Scharen ehemaliger DDR-Oppositioneller folgen, die sein spätes Teilabrücken von der SED-Diktatur würdigen. Es werden eher die verbitterten grauen Schatten des alten Systems sein, die in ihm das Symbol vergangener Größe sehen. Zu den jüngsten Enthüllungen über die gnadenlose Jagd Wolfs auf den ZDF-Journalisten Gerhard Löwenthal schwiegen Petra Pau und das Neue Deutschland übrigens ebenso beredt, wie der Berliner Koalitionspartner SPD über die Elogen von Pau und Lederer großzügig hinwegsah. Zweierlei Maß.

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