Nach ihren Erfolgen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg haben sich die Vorsitzenden der Nationaldemokratischen Partei (NPD) sowie der Deutschen Volksunion (DVU), Udo Voigt und Gerhard Frey, am Mittwoch vergangener Woche in Berlin zu einem Sondierungsgespräch getroffen. Beide Seiten seien übereingekommen, daß man das „Erfolgskonzept“ vom 19. September, nicht mehr gegeneinander anzutreten, fortsetzen werde. Zu diesem Zweck werde man zukünftig „darauf hinarbeiten, daß jeweils nur eine nationale Liste zu Landtagswahlen, zur Bundestagswahl und zur Europawahl antritt“. In den Vorständen beider Parteien sollen dazu Lösungsvorschläge ausgearbeitet und untereinander abgestimmt werden. Ziel sei es schließlich, durch die „Konzentration der Kräfte den Einzug einer nationalen Fraktion in den Deutschen Bundestag sicherzustellen“, gab NPD-Chef Voigt nach dem Gespräch bekannt. Neben Absprachen rein taktischer Natur scheint es den beiden Parteivorsitzenden augenscheinlich auch um grundsätzliche Übereinstimmungen zu gehen. Nach Auffassung von Voigt sei angesichts der Verarmung vieler Deutscher kein „Platz für ein Gegeneinander nationaler Parteien und Organisationen“. Und Frey pflichtet dieser Position in einem Interview der NPD-Zeitung Deutsche Stimme bei, wo er feststellt, daß das „gemeinsame Interesse unserer Parteien weiterhin im Vordergrund“ stehen sollte. Angesichts dieser von beiden Seiten euphorisch gepriesenen neuen „Einigkeit“ (NPD), die den „Bruderkampf“ (Frey) beenden soll, lohnt ein Blick auf diverse programmatische Aussagen der neuen Bündnispartner im „nationalen Lager“. Zum Beispiel die Wertschätzung der momentan gültigen staatlichen Verfassung der Bundesrepublik: Der NPD-Vorsitzende Voigt stellte dazu erst letzte Woche im Interview der JUNGEN FREIHEIT noch einmal klar, daß es Ziel seiner Partei ist, mittels „revolutionärer Veränderung“ die „BRD abzuwickeln“. In Deutschland bestehe auch nach der Wiedervereinigung das als Provisorium gedachte Grundgesetz fort, es existiere momentan also „gar keine legitime Verfassung“, so Voigt in der JF. Daß der Vorwurf, „verfassungswidrig“ zu sein, die NPD offensichtlich nicht sonderlich trifft, machte auch der sächsische Spitzenkandidat Holger Apfel mehrfach klar. Sein zukünftiger Fraktionskollege Jürgen Gansel bekräftigte in der Deutschen Stimme ebenfalls die Absicht, über die neu aufgelegten Montagsdemonstrationen die Bundesrepublik – wie weiland die DDR – auf der „Müllhalde der Geschichte“ entsorgen zu können, um so der „Wiederherstellung einer solidarischen Volksgemeinschaft“ den Weg zu ebnen. Aus Freys Münchner Parteizentrale vernimmt man diesbezüglich Töne, die kaum konträrer sein könnten. Denn die DVU „bekennt sich zum Grundgesetz“ und lehnt alle Forderungen nach einer neuen Verfassung ab. Mehr noch: Die Partei regt „eine jährliche Grundgesetzfeier am 23. Mai an“, damit dieser Tag nicht weiterhin „sang- und klanglos verstreicht“! Und während von der NPD das Grundgesetz gerne für die hierzulande herrschenden „gemeinwohlschädlichen Verhältnisse“ verantwortlich gemacht wird, heißt es bei der DVU: „Die Verfassung von 1949, das Grundgesetz, ist nicht Feind, sondern Freund, denn sie spiegelt in weiten Teilen einen Geist wider, der heute vielfach fehlt. Also nicht weg mit dem Grundgesetz, sondern: Mehr Grundgesetz!“ Wie die „Einigkeit“ zwischen NPD und DVU aussehen soll, wenn die einen die „herausragende Persönlichkeit Adolf Hitlers“ (Deutsche Stimme), der „zweifellos ein großer deutscher Staatsmann“ (Voigt in der JF) gewesen sein soll, würdigen, die anderen sich jedoch an den Visionen des „bedeutenden Sozialdemokraten“ Gustav Radbruch anlehnen, wirft einige Fragen auf. Und kaum gegenteiliger könnten die Auffassungen sein, wenn etwa der NPD-Vordenker Jürgen Schwab feststellt, daß „die Grundstruktur der neuen Möchtegernverfassung“ von den alliierten Siegern vorgegeben worden sei, während es bei der DVU heißt, das Grundgesetz sei uns „entgegen einer gerne wiederholten Legende (…) nicht von den Besatzern aufgezwungen“ worden. Überhaupt scheint auch der Blick auf die Amerikaner nicht ganz leicht zur Deckung gebracht werden zu können; sieht die „antiimperialistische“ NPD hier eher die unheilbringende Quelle von „Individualismus und Internationalismus“, der sich der „Vasallenstaat BRD“ unterworfen hat, betont die DVU die herausragende Bedeutung des „westlichen Bündnisses“. Eine Herzensangelegenheit der Frey-Partei scheint auch die Ächtung ausländerfeindlicher Übergriffe und gewaltverherrlichender Musik zu sein. So sei als „Besonderheit bei ausländerfeindlicher Gewalt auch die Aufheizung der Täter im Skinhead- und Szenemilieu bedeutsam“, gegenüber der es „kein augenzwinkerndes Mitansehen, verstohlene Sympathie oder gar Verständnis geben“ dürfe, macht die Partei auf ihren Netzseiten deutlich. Da Vertreter solcher Musikstile gerade im jüngeren Umfeld der NPD durchaus präsent sind und auf parteinahen Veranstaltungen gelegentlich aufspielen, dürfte ihr Null-Toleranz-Bemühen die DVU hier auf eine harte Probe stellen, wenn es mit der Einigkeit ernst werden soll. Konterkariert wird das Unterfangen einer strikten Abgrenzung zur gewaltbereiten neo-nationalsozialistischen Szene vom jüngst verkündeten Eintritt sogenannter Freier Nationalisten in die NPD. Zwei Tage vor der Landtagswahl verkündeten Ralph Tegethoff, Thorsten Heise und Thomas Wulff als Protagonisten der „Freien Kameradschaften“ ihren Parteieintritt, nachdem in „klärenden und vertrauensbildenden Gesprächen“ mit der NPD-Führung das bisher Trennende und zukünftige Gemeinsamkeiten erörtert worden seien. Um eine „Bewegung der nationalen Opposition“ zu schaffen, sollen also auch hier die „Grabenkämpfe“ zukünftig unterbleiben. Mit Heise gehört jetzt immerhin jemand zu den Nationaldemokraten, der als Betreiber eines einschlägig bekannten Versandhandels gerade jene Musik vertreibt, die von der DVU als „mitschuldig an blutiger Gewalt“ gemacht wird – so sein indiziertes Werk „Zillertaler Türkenjäger“.