Anzeige
Anzeige
ESN-Fraktion, Europa der souveränen Nationen

In 93 Minuten von Berlin nach Hamburg

In 93 Minuten von Berlin nach Hamburg

In 93 Minuten von Berlin nach Hamburg

 

In 93 Minuten von Berlin nach Hamburg

Anzeige

Unwort, Umfrage, Alternativ

Für die Nutzer der Deutschen Bahn (DB) bescherte der jährliche Fahrplanwechsel im Dezember in den letzten Jahren nur selten ein Gefühl der Vorweihnachtsfreude. Regelmäßig erhöhte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt seine Preise und gab zudem häufig deutliche Verschlechterungen des Angebotes bekannt. Auch diesmal wird am 12. Dezember für jenen Teil der Kunden, die in Zeiten knapper Kassen und hoher Arbeitslosigkeit jeden Cent mehrfach umdrehen müssen, kaum größere Freude aufkommen. Mit Zustimmung von Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) – trotz erneuter deutlicher Kritik vieler Bundesländer und der Fahrgastinitiative Pro Bahn e.V. – werden die Preise im Fernverkehr ab einer Streckenlänge von 150 Kilometern erneut um durchschnittlich 3,2 Prozent steigen. Im Nahverkehr fällt die Erhöhung mit durchschnittlichen 3,6 Prozent sogar noch etwas höher aus. Dem wird der Kunde auch durch den Kauf der beliebten Ländertickets (gelten in allen Nahverkehrzügen der DB eines bzw. in einigen Fällen auch mehrerer Bundesländer für einen Tag für bis zu fünf Personen) nicht vollständig entgehen können. Der Preis erhöht sich um durchschnittlich einen Euro (im Regelfall von 21 auf 22 Euro). Teilweise gibt es dafür allerdings kleinere Verbesserungen, wie etwa die Möglichkeit, diesen Fahrschein auch an einem Samstag oder Sonntag zu benutzen, was bislang in vielen Regionen wegen der Konkurrenz zum Schönen-Wochenend-Ticket nicht möglich war. Größere Veränderungen treten diesmal mit dem Fahrplanwechsel im Inlandsverkehr nicht in Kraft. Direkte Verbesserungen für den Kunden ergeben sich aus dem Abschluß umfangreicher Modernisierungsarbeiten auf einigen ICE-Strecken, wie Berlin-Hamburg. Die Reisezeit von der Spree- in die Alstermetropole reduziert sich damit von zwei Stunden und fünfzehn Minuten auf eineinhalb Stunden – da kann selbst ein Porsche 911 nicht mehr mithalten. Zwischen dem 12. und 19. Dezember 2004 können Schnellentschlossene auf dieser Strecke von einem Sonderangebot von 19 Euro pro Person und Fahrt profitieren. Eine der letzten Strecken des einst nahezu flächendeckenden Interregio-Netzes, die Verbindung Berlin-Riesa-Chemnitz, wird – entgegen einiger pessimistischen Prognosen – auch weiterhin in der bestehenden Form betrieben. Im Auslandsverkehr halten sich Verbesserungen und Verschlechterungen in etwa die Waage. So wird zwischen Berlin und Prag wieder ein Zwei-Stunden-Takt auf der EC-Verbindung eingerichtet, der in dieser Form bereits bis zur Elbeflut 2002 bestand. Allerdings muß auf dieser Strecke auch weiterhin mit regelmäßigen Verspätungen gerechnet werden, da die Sanierungsarbeiten zwischen Dresden und der Sächsischen Schweiz mindestens noch bis zum Herbst 2005 andauern werden. Die wenigen Schnellzüge nach Osten werden – trotz EU-Osterweiterung – dagegen weiter reduziert. Die Direktverbindung zwischen Dresden und Breslau wird ersatzlos gestrichen. Als Ausgleich dafür enthält der neue Fahrplan lediglich ein erweitertes Nahverkehrsangebot zwischen der Sachsenmetropole und den östlichen Stadtteilen von Görlitz. Dort sollen direkte Anschlußmöglichkeiten zu den Zügen der polnischen Bahn ermöglicht werden. Grundsätzlich klafft in der vorläufigen Bilanz der DB auch im Kalenderjahr 2004 zwischen den Ankündigungen und dem tatsächlichen Ergebnis eine große Lücke. Mit dem in vielen Regionen stark vernachlässigten Nahverkehr (DB Regio) wurde von Januar bis einschließlich August 2004 ein „Überschuß“ von 310,8 Millionen Euro erwirtschaftet – knapp 62 Millionen Euro mehr als vorab geplant und über 100 Millionen Euro mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Doch der DB-Regio-Verkehr wird von den Bundesländern „bestellt“ – sprich mit Millionen subventioniert. Dagegen wird der – nicht direkt subventionierte – Fernverkehr mit ICE/IC-Zügen der Bahn 2004 erneut erhebliche Defizite in Höhe von geschätzten 200 Millionen Euro bescheren. Die Auslastung der Züge lag in den ersten Monaten des aktuellen Kalenderjahres durchschnittlich bei lediglich 47 Prozent. Aufgrund dieser Entwicklung wird sich voraussichtlich auch die dringende Modernisierung der 59 Züge der ersten ICE-Generation verzögern, die seit 1991 fahren – eine Investition, die geschätzte 178 Millionen Euro kosten wird. Selbst nach optimistischen Prognosen wird die Bahn frühestens 2006 im Fern- und Schienengüterverkehr Gewinne erzielen können. Erst jüngst reduzierte deshalb DB-Chef Hartmut Mehdorn die Prognosen für 2005 und 2006 von zirka 500 bis 600 Millionen Euro Gewinn pro Jahr auf 200 bis 300 Millionen Euro. Auch der angekündigte Börsengang des Unternehmens wurde erneut von Ende 2006 auf frühestens 2008 verschoben. Auch die Bilanz des größten DB-Konkurrenten, der französischen Connex-Gruppe, sieht für 2004 eher durchwachsen aus. Die Connex-Tochter Bayerische Oberlandbahn (München-Bayrischzell/Tegernsee/Lenggries) stabilisierte sich bei 12.500 Passagieren pro Tag. Die Verbindung Berlin-Cottbus-Zittau-Reichenberg erwies sich als unrentabel und wird daher ab 12. Dezember von einer Streckenführung zwischen Berlin und Dresden ersetzt. Einer der Gründe lag darin, daß die DB zwischen Berlin und Cottbus stündliche Zugverbindungen anbietet und Connex die bindenden Tarife des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg preislich nicht unterbieten durfte. Eine Direktverbindung zwischen Dresden und Stralsund ist nun an Samstagen möglich, umgekehrt wird die Strecke Stralsund-Dresden an Freitagen und Sonntagen bedient. Die wenig ausgelastete bisherige Montagsverbindung von der Ostsee in die Hauptstadt entfällt ab 12. Dezember ebenso wie die erst im Juni gestartete Direktverbindung zwischen Berlin und dem nordböhmischen Reichenberg (Liberec). Sie wird nur noch an Samstagen und Sonntagen als Nahverkehrsverbindung zwischen Görlitz und Reichenberg angeboten. Zunächst versuchsweise getestet wird an Montagen und Freitagen eine Connex-Verbindung zwischen Görlitz, Dresden und Leipzig. Auch den Nutzern dieser Privatbahn bleibt allerdings die bittere Pille einer Preiserhöhung nicht erspart. Statt bereits am 12. Dezember wird sie aber erst ab 1. Mai 2005 in Kraft treten. Dann wird beispielsweise der Preis für die Normaltarif-Fahrkarte von Rostock nach Leipzig 37 Euro anstatt bislang 31 Euro, von Berlin-Lichtenberg nach Stralsund 21 Euro anstatt bislang 18 Euro betragen. Da die entsprechenden Bahn-Angebote noch teurer sind, hat die private Konkurrenz viel Preisspielraum nach oben.

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
Hierfür wurden keine ähnlichen Themen gefunden.
aktuelles