Die Bildungschancen von zwei Millionen Kindern in unserem Land werden, so hat eine Studie der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ermittelt, durch die Armut ihrer Eltern entscheidend beeinträchtigt. Diejenigen, denen es nicht gelingt, die Bereicherungsmöglichkeiten unserer Gesellschaft zu nutzen, versagen also auch in der Erfüllung der Pflicht, wenigstens ihren Nachkommen ein Mindestmaß an Lebensperspektiven offenzuhalten. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß der Marktmechanismus für eine gerechte Wohlstandsverteilung sorgt, wäre er hiermit erbracht: Ob jemand arm oder reich ist, resultiert nicht aus den Zufälligkeiten einer Lebenslotterie, sondern aus der Qualität des jeweiligen Menschen und seines Leistungsbeitrages. Dennoch wäre es unangebracht, ohne weiteres den Stab über den Mittellosen zu brechen. Wir dürfen nicht verkennen, daß eine Marktwirtschaft die Armut nicht nur produziert, sondern auch braucht. Die Arbeitsteilung kann ohne die durch sie gesetzten Anreize nicht funktionieren. Insbesondere die erniedrigenden Tätigkeiten in unserer Gesellschaft blieben unerledigt, wenn nicht Menschen aufgrund ihrer bescheidenen materiellen Verhältnisse veranlaßt würden, über den Schatten ihrer Menschenwürde zu springen. Sogar Arme, die gänzlich unproduktiv sind, erfüllen auf ihre Weise eine Aufgabe in unserer Wirtschaftsordnung: Sie sind zumindest ein abschreckendes Beispiel und vermitteln als solches schon jenen, die ein wenig weniger arm als sie sind, ein bißchen Lebenszufriedenheit. Im Kindergarten hat es noch den Anschein, als würde Geld keine Rolle spielen. Die Selektion, auch dies hat die AWO-Studie herausgefunden, setzt erst in der Schule ein. Die fragwürdige Tradition, die Kleinsten von der Leistungsgesellschaft auszunehmen, hat einen hohen Preis. Zu schnell entstehen im Kindergarten Freundschaften, die dann in der Schule zerbrechen, weil es ihnen am Fundament eines vergleichbaren sozialen Standards der Eltern fehlt. Diese Frustration sollte man Kin dern ersparen, indem man sie möglichst früh aus ihrer Unbekümmertheit herausreißt und sie mit den Anforderungen unserer Gesellschaft vertraut macht. Eine Verlagerung von bisher schulischen Inhalten in den Kindergarten erlaubte es, den Spreu bereits vom Weizen zu trennen, bevor inakzeptable Gleichheitsvorstellungen den sich entwickelnden Realitätssinn der Kleinsten auf eine falsche Bahn lenken. Arme sind oft Außenseiter, verhaltensgestört und anfälliger für Krankheiten. Die Wohlhabenden, die heutzutage zusätzlich zu ihrer Leistung im Erwerbsleben auch noch die Bürde auf sich nehmen, Nachkommen in die Welt zu setzen, haben ein Recht darauf, daß ihre Kinder vor derartigen Erscheinungen behütet werden. Auf Universitäten und Gymnasien ist dies kein Problem mehr. Hier funktioniert die Klassentrennung immer besser. In Grundschulen und vor allem Kindergärten gibt es jedoch Nachholbedarf. Es wird Zeit, daß der Elitegedanken auch hier Einzug hält.
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