Die jährlich im November tagende Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) findet in den Medien in der Regel ein beachtliches Interesse. In diesem Jahr besonders, weil nach sechs Jahren die Wahl eines neuen Ratsvorsitzenden fällig war. Mit dieser Wahl werden sehr unterschiedliche Erwartungen verknüpft. Konservative Protestanten hoffen noch immer, daß sich die EKD endlich aus der „babylonischen Gefangenschaft“ der 68er Ideologen befreien kann, (in die sie freilich nicht unverschuldet geraten ist). Die intellektuelle und politische Linke befürchtet, daß sie in diesem Fall einen zuverlässigen Bündnispartner verliert. Diese Mutmaßungen entspringen offenkundig der Unkenntnis der inneren Verfassung sowohl der EKD als auch der Landeskirchen. Diese wird noch immer nachhaltig durch die 68er Kulturrevolutionäre bestimmt. Noch nachhaltiger aber durch ein aus der Kaiserzeit stammendes Wahlsystem, das sogenannte Siebwahlsystem, das trotz gewisser Modifizierungen in allen Landeskirchen (außer Württemberg) eine Wahl in die Landes- oder EKD-Synode für Kritiker des jeweiligen „Kirchenregiments“ außerordentlich schwierig macht. Damit ist eine Zusammensetzung der EKD-Synode gewährleistet, die eine Fortsetzung des bisherigen Kurses garantiert – unabhängig vom möglichen persönlichen Wollen des neuen Ratsvorsitzenden Bischof Wolfgang Huber. In der Evangelischen Kirche ist in den vergangenen Jahren viel von Demokratie geredet worden. Es sollten wenigstens Ansätze erkennbar werden, daß man endlich auch danach zu handeln gedenkt.