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Parteiverbot und Brandmauer: „Katastrophe“, „Mißbrauch“: Steinmeier-Rede zur AfD sorgt für massive Kritik

Parteiverbot und Brandmauer: „Katastrophe“, „Mißbrauch“: Steinmeier-Rede zur AfD sorgt für massive Kritik

Parteiverbot und Brandmauer: „Katastrophe“, „Mißbrauch“: Steinmeier-Rede zur AfD sorgt für massive Kritik

Wirft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine spalterische Rede vor: AfD-Chef Tino Chrupalla.
Wirft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine spalterische Rede vor: AfD-Chef Tino Chrupalla.
Wirft dem Bundespräsident eine spalterische Rede vor: AfD-Chef Tino Chrupalla. Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
Parteiverbot und Brandmauer
 

„Katastrophe“, „Mißbrauch“: Steinmeier-Rede zur AfD sorgt für massive Kritik

Die Anti-AfD-Rede von Bundespräsident Steinmeier ruft zahlreiche Reaktionen hervor. Nicht nur die AfD selbst, auch zahlreiche Publizisten äußern sich kritisch. Aber Steinmeier erntet auch Zustimmung.
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BERLIN. Die Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anläßlich des Jahrestags des 9. November am Sonntag hat für harsche Reaktionen bei Politikern und Publizisten gesorgt. Der Historiker Hubertus Knabe bezeichnete den Auftritt des Sozialdemokraten als „Katastrophe“. „Statt zu deeskalieren und Menschen zurückzugewinnen, verschärft der Bundespräsident noch die politische Polarisierung“, warnte er bei X.

„Mit dieser parteipolitisch einseitigen Aussage ist Steinmeier als Bundespräsident untragbar“, kommentierte Thorsten Alsleben, Chef der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Der Historiker, Unternehmer und Publizist Rainer Zitelmann ergänzte: „Am 9. November hätte ich mir gewünscht, daß ein deutscher Bundespräsident eine ehrliche Rede über die Ursachen für das Ansteigen des Antisemitismus in unserem Land hält. Statt dessen hat Steinmeier sich entschlossen, eine Rede über die AfD zu halten.“

Derweil mahnte die Publizistin Birgit Kelle, Steinmeier schreibe „die Bedienungsanleitung zum Demokratieverfall“ in seine Redemanuskripte. Dabei heuchele er Neutralität, indem er keine konkrete Partei nenne. Es entbehre „nicht eines gewissen Humors, daß der SPD-Mann Steinmeier am Tag des Mauerfalls die unbedingte Notwendigkeit der Zementierung einer anderen Mauer beschwor“.

„Volk ist demokratiefähiger als Steinmeier“

Die Neue Zürcher Zeitung erinnerte Steinmeier daran, daß er „formell das Staatsoberhaupt aller Deutschen sei“. Aussagen wie die von ihm führten nicht zusammen, „sondern verstärken die Fliehkräfte, den Frust, das Ressentiment“. Welt-Kommentatorin Fatina Keilani erinnerte daran, daß das Volk „demokratiefähiger als sein Präsident“ sei: „Diese Rede wird der AfD weiteren Zulauf bringen und den Niedergang der SPD noch beschleunigen.“

Der Journalist Ludwig Greven warf Steinmeier im Blog „Ruhrbarone“ vor, die Erinnerung an die Ermordung der Juden Europas „zum Kampf gegen die AfD“ zu mißbrauchen. Der Bundespräsident nähre den alten Verdacht, „daß die sechs Millionen ermordeten Juden im Grunde egal sind, auch Steinmeier, sie vielmehr ein zweites Mal mißbraucht und geschändet werden: zu aktuellen Zwecken. Das ist würdelos, ja zynisch und eines Bundespräsidenten nicht angemessen.“

Massive Kritik kommt auch von der AfD selbst. „Die Demokratie in Deutschland ist genau deshalb wehrhaft, weil sie auch Reden aushält, den Schicksalstag der Deutschen zu benutzen, um zu spalten“, sagte Parteichef Tino Chrupalla. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Bundestag, Bernd Baumann, stellte im Handelsblatt fest: „Nie hat ein Bundespräsident sein Amt so mißbraucht.“ Co-Chefin Alice Weidel hielt sich zurück: Der Respekt vor dem Amt verbiete es, „auf die parteipolitisch motivierten Äußerungen von Herrn Steinmeier anläßlich des Gedenkens an den Freudentag des Mauerfalls vom 9. November 1989 einzugehen“.

„Er hat völlig recht“

Derweil bekommt Steinmeier von der anderen Seite des politischen Spektrums Rückendeckung. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland kommentierte, klar wie nie rufe der Bundespräsident die Mitte auf, sich zusammenzureißen. „Das war erstaunlich – und richtig.“ Und die Grünen-Bundestagsabgeordnten Lamya Kaddor lobte, Steinmeier habe „völlig recht: Es darf unter keinen Umständen eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen geben!“

Steinmeier hatte sich am Sonntag in seiner Rede zum 9. November offen für ein Verbot der AfD gezeigt, ohne die Partei namentlich zu erwähnen. „Ein Parteienverbot ist die Ultima Ratio der wehrhaften Demokratie“, sagte das Staatsoberhaupt. Er fügte an: „Wann – und ob – dieses Mittel angemessen ist, ob es irgendwann sogar unausweichlich ist, diese politische Debatte muß geführt werden, und sie wird geführt. Ob die Voraussetzungen vorliegen, das muß geprüft und abgewogen werden.“

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Weiter warnte Steinmeier, daß es mit Extremisten „keine politische Zusammenarbeit geben“ dürfe. Er sprach von „Unvereinbarkeitsbeschlüssen und Brandmauern“, die „ein Signal“ seien. Zugleich mahnte er: „Auch Brandmauern sind porös, wenn nicht auch Distanz zur Sprache, zu den Ressentiments, zu den Feindbildern der Rechtsextremen gewahrt wird. Wir sehen vielerorts in Europa, wie rechtsextreme Parteien harte Systemgegnerschaft verbinden mit Selbstverharmlosung; wie sich solche Parteien auch in Deutschland der Mitte anbieten als Partner, der doch aus derselben bürgerlichen Wurzel stamme.“ (ser)

Wirft dem Bundespräsident eine spalterische Rede vor: AfD-Chef Tino Chrupalla. Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
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