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Fall Brosius-Gersdorf: Söder will Zweidrittelmehrheit bei Richterwahlen abschaffen

Fall Brosius-Gersdorf: Söder will Zweidrittelmehrheit bei Richterwahlen abschaffen

Fall Brosius-Gersdorf: Söder will Zweidrittelmehrheit bei Richterwahlen abschaffen

CSU-Chef Markus Söder und Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf
CSU-Chef Markus Söder und Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf
„Auf der Kandidatur liegt kein Segen“: CSU-Chef Söder schießt gegen Richterkandidatin Brosius-Gersdorf. Fotos: IMAGO / Revierfoto / IMAGO / Future Image
Fall Brosius-Gersdorf
 

Söder will Zweidrittelmehrheit bei Richterwahlen abschaffen

Markus Söder äußert sich zur gescheiterten Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf – und macht der Richterkandidatin Vorwürfe. Gleichzeitig will er die bislang nötige Zweidrittelmehrheit abschaffen. Sonst mache sich die Union von der Linkspartei abhängig.
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MÜNCHEN. CSU-Chef Markus Söder hat sich am Montag dafür ausgesprochen, den Wahlmodus für Bundesverfassungsrichter zu verändern. „Wir sollten über neue Verfahren für die Wahl nachdenken“, schrieb er am Montag bei X. „Eine einfache Mehrheit statt einer Zweidrittelmehrheit, so wie es auch in Bayern der Fall ist.“

Söder reagiert damit auf die gescheiterte Wahlen für drei Richterposten am Freitag im Bundestag. Die Union hatte darauf gedrängt, die Wahlen abzusetzen, weil Kritik an der linken Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf immer lauter geworden war. Für Probleme in der Union sorgte aber auch, daß CDU und CSU für die nötige Zweidrittelmehrheit auf die Stimmen der Linkspartei angewiesen sind.

„Das kann nicht sein“, meint Söder

Söder kritisierte das am Montag scharf: „Es kann nicht sein, daß am Ende die Linkspartei bestimmt, was die Union macht und wen sie wählt. Davon muß sich die Union lösen.“ Das Hin und Her mit Sperrminoritäten von Rechts- und Linksaußen verhindere einen vertretbaren politischen Konsens. „Klar ist: Es ist nicht radikal, für christliche Werte einzutreten.“

Söder erwähnte Brosius-Gersdorf nicht namentlich. Allerdings betonte er: „Auf der jetzigen Kandidatur lag und liegt kein Segen. Verfassungsrichter sind keine Personen, die polarisieren sollten.“ Viele hätten Fragen und Vorbehalte. „Jetzt sollte man nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern grundsätzlich überlegen, wie man weitermacht“, lautet Söders Plädoyer. Man solle daher überlegen, „ob das nicht anders geht“. Man brauche „einen Neustart für Personen und Verfahren“. Die andere SPD-Kandidatin Ann-Katrin Kaufhold bezeichnete Söder derweil als „unstrittig“.

CSU-Abgeordneter wirft Kollegen Unwissenheit vor

Unterdessen zollte der CSU-Abgeordnete Michael Frieser Brosius-Gersdorf am Montag seine Anerkennung: „Daß sie an ihrer Kandidatur festhalten will, da muß ich mal sagen: Chapeau!“, sagte der Katholik im Deutschlandfunk. Frieser betonte, daß er Brosius-Gersdorf am Freitag zur Verfassungsrichterin gewählt hätte und es auch zukünftig tun würde.

Gleichzeitig deutete er an, daß seine kritischen Fraktionskollegen die Juristin nicht richtig verstanden haben. „Sehr viele hatten mit ihr, glaube ich, vorher noch nie irgend etwas zu tun. Und insofern ist es natürlich schon wichtig, daß man Menschen, die sich in diesem Feld nicht auskennen, etwas weiter hinführt und deutlicher bestimmte Positionen mal erklären läßt.“

„Sie ist keine linke Aktivistin“, meint Frieser

Deswegen sprach sich der studierte Jurist dafür aus, ein Gespräch zwischen Unionsabgeordneten und Brosius-Gersdorf zu organisieren. Frieser konstatierte, in der Debatte kursierten „Stanzen“ und „verkürzte Positionen“ der Juristin. Die Sache werde „schwarz und weiß dargestellt“.

„Kollegin Frauke Brosius-Gersdorf ist mit Sicherheit nicht meine politische Welt als Konservativer, aber sie ist wahrlich keine linke Aktivistin.“ Ihre Positionen seien zwar „in der Tat schwierig, aber nicht unvermittelbar“. Die Bedeutung der gescheiterten Wahl spielte Frieser herunter: „Es ist im Augenblick ein Medienstern, der hier aufgeht, weil man endlich etwas hat, worüber man gut berichten kann.“

Wahl war am Freitag gescheitert

Eigentlich hatten Union und SPD geplant, Brosius-Gersdorf am Freitag als Richterin ans Bundesverfassungsgericht zu wählen. Den Richterwahlausschluß hatte der Vorschlag mit den Stimmen der Union bereits passiert. Allerdings spitzte sich die Diskussion über Brosius-Gersdorf im Verlauf der Woche so sehr zu, daß sich die Unionsführung schließlich gezwungen sah, auf die Absetzung der Wahl von der Tagesordnung zu drängen.

Hintergrund sind zahlreiche linke Äußerungen der Juristin, insbesondere zum Thema Abtreibung. So stellte Brosius-Gersdorf wiederholt in Frage, daß Ungeborenen eine Menschenwürde zukommt. Sie plädierte dafür, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu streichen und in der ersten Phase der Schwangerschaft zu erlauben.

Kuban findet vor allem AfD-Position schwierig

Brosius-Gersdorf zeigte sich auch offen für ein AfD-Verbotsverfahren. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban nannte dies am Sonntag als den Hauptgrund für seine Kritik an der Richterkandidatin. Er stehe einem AfD-Verbot offener gegenüber als andere, sagte er dem Tagesspiegel. „Aber von einer Verfassungsrichterin erwarte ich in dieser Frage Unbefangenheit.“

Kubans Fraktionskollege Thomas Bareiß forderte derweil im Tagesspiegel, die SPD solle „einen neuen Vorschlag vorlegen“. Dies gelte schon deshalb, „weil ja nicht nur große Bedenken innerhalb der CDU und CSU gegenüber Frau Brosius-Gersdorf bestehen, sondern auch herausragende Vertreter der SPD sich sehr kritisch geäußert haben“. Möglicherweise meinte er damit die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die Brosius-Gersdorfs Haltung zum Lebensschutz kritisiert hatte.

Bundeskanzler Friedrich Merz versuchte am Sonntag, das Tempo aus der Debatte zu nehmen. Im ARD-Sommerinterview betonte er, daß man die Angelegenheit in Ruhe mit der SPD besprechen werde. „Da gibt es keinen Zeitdruck.“ (ser)

„Auf der Kandidatur liegt kein Segen“: CSU-Chef Söder schießt gegen Richterkandidatin Brosius-Gersdorf. Fotos: IMAGO / Revierfoto / IMAGO / Future Image
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