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Migrationskrise: Wie Griechenlands Kriegsschiffe gegen Illegale vorgehen

Migrationskrise: Wie Griechenlands Kriegsschiffe gegen Illegale vorgehen

Migrationskrise: Wie Griechenlands Kriegsschiffe gegen Illegale vorgehen

Migranten betreten ein Boot der Marine Griechenlands: Die Notunterkünfte sind voll. (Themenbild)
Migranten betreten ein Boot der Marine Griechenlands: Die Notunterkünfte sind voll. (Themenbild)
Migranten betreten ein Boot der Marine Griechenlands: Die Notunterkünfte auf dem Land sind voll. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Panagiotis Balaskas
Migrationskrise
 

Wie Griechenlands Kriegsschiffe gegen Illegale vorgehen

Es ist ein regelrechter Ansturm: Griechenlands Insel Kreta ist seit Wochen der Anlaufpunkt für Tausende Migranten pro Woche. Nun soll die Marine die Küstenwache unterstützen.
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Innerhalb weniger Wochen ist Kreta zum Epizentrum einer Krise geworden. Fischerboote, die hauptsächlich mit jungen Männern besetzt sind, landen in immer größerer Zahl an der Südküste der Insel. Ihre Reise beginnt an der nordafrikanischen Küste Libyens. Allein am 21. Juni kamen 731 Migranten an einem einzigen Tag an. Am Tag zuvor waren etwa 501 von ihnen auf der Insel angekommen, darunter 492 Männer, sieben Frauen und zwei Kinder. In den vergangenenWochen sind über 7.000 Migranten auf Kreta gelandet, die meisten von ihnen kamen aus dem Osten Libyens.


Die Mehrheit von ihnen waren Sudanesen, gefolgt von Ägyptern. Dies ist nicht überraschend, da laut mehreren Quellen des griechischen Migrationsministeriums etwa 50.000 Ägypter auf einer „Warteliste“ stehen, um nach Europa zu reisen. Für die Sudanesen ist die Lage noch viel schlimmer, da etwa zehn Millionen von ihnen aufgrund des Bürgerkriegs in ihrem Land vertrieben wurden. Schätzungsweise zwei Millionen von ihnen sind bereits aus dem Land geflohen, und ein großer Teil davon möchte möglicherweise in die EU weiterreisen.

Informationen werden an Griechenlands Küstenwache weitergeleitet

Was einst eine gelegentliche Schmuggelroute war, ist nun zu einem strukturierten Korridor geworden. Griechische Geheimdienstmitarbeiter glauben, daß die Route von organisierten Netzwerken genutzt wird, die das Chaos in Libyen und die mangelnde staatliche Kontrolle entlang der Küste ausnutzen. Athen befürchtet, daß die Insel bald zu einem neuen, unkontrollierten Tor nach Europa werden könnte, ähnlich wie während der Ägäis-Krise 2015.

Angesichts dieser Eskalation unternahm die griechische Regierung einen neuen Schritt. Auf Beschluß des Nationalen Sicherheitsrates (KYSEA) wurden griechische Kriegsschiffe südlich von Kreta in Richtung der internationalen Gewässer vor der libyschen Küste entsandt. Deren Ziel: Schmuggeloperationen aufzuspüren, bevor die Boote griechisches Hoheitsgebiet erreichen. Dabei soll es sich nicht um eine reine Machtdemonstration handeln, sondern um einen funktionalen Einsatz mit Radargeräten, Sensoren und Beobachtern vor Ort, wie ihn nur Marineschiffe leisten können. 

Die Marineoperation wird durch zwei Fregatten mit Fernüberwachungssystemen und Wärmebildkameras ergänzt, die von Luftaufklärung unterstützt werden. Den Plänen zufolge sollen die Schiffe nicht direkt gegen Migrantenschiffe vorgehen, sondern Echtzeitinformationen an die Küstenwache weiterleiten, die die Abfangmaßnahmen näher an der Küste übernimmt. Vorzugsweise vor der libyschen Küste. Die Rolle der Marine ist laut offiziellen Angaben sowohl operativ als auch symbolisch – sie soll Stärke und Entschlossenheit demonstrieren.

Athen muß mit der libyschen Küstenwache zusammenarbeiten

Laut Quellen der Regierung in Athen sollen mit diesem Einsatz strategische Ziele erreicht werden: Erstens, die Abschreckung von Schleusernetzen: Durch erhöhte Sichtbarkeit und verkürzte Reaktionszeiten hofft Griechenland, die Bewegungsfreiheit von Schleuserbanden, die von Tobruk, Derna und den umliegenden Küstengebieten aus operieren, einzuschränken. Zweitens soll ein diplomatisches Signal gesendet werden. Denn die Präsenz der Kriegsschiffe ist auch eine Botschaft an internationale Akteure. Griechenland hat sowohl die EU als auch die libyschen Behörden über seine Maßnahmen informiert. Dies ist insbesondere wichtig, da in den nächsten Wochen ein Besuch europäischer Beamter in Libyen geplant ist, bei dem die illegale Einwanderung das Hauptthema sein wird.

Damit die Operation jedoch erfolgreich sein kann, ist die Zusammenarbeit der libyschen Seite erforderlich. Griechische Kriegsschiffe sollen die libysche Küstenwache über abfahrende Schiffe informieren, und es ist Aufgabe der Küstenwache, diese abzufangen, bevor sie libysche Gewässer verlassen. Wenn dies nicht funktioniert, gibt es nicht viele Möglichkeiten, die Schleusung einzudämmen. 

Zumal derzeit 14 Mitglieder der griechischen Küstenwache wegen Nichtintervention bei einem Schiffbruch vor Pylos, weit außerhalb der griechischen Hoheitsgewässer, mit schweren Strafanzeigen konfrontiert sind. Man kann nur vermuten, was passieren wird, wenn ein Boot mit Migranten – wie in der Vergangenheit üblich – beschließt, sein eigenes Boot zu versenken. Oder wie in anderen Fällen, wenn sie von ihrem Schiff springen, wenn sich ein Schiff einer Nichtregierungsorganisation ihrer Position nähert. Hervorzuheben ist, daß nicht nur Libyen den Zustrom illegaler Einwanderer nach Europa eindämmen kann.

Die Notunterkünfte in Griechenland sind voll

Auch Ägypten spielt eine wichtige Rolle, da es Teil der Route ist, die illegale Einwanderer nutzen, um nach Ostlibyen zu gelangen, von wo aus die Schiffe in Richtung Europa starten. Derzeit verhandelt Ägypten mit der EU über die Einwanderungsfrage. Mehreren Quellen zufolge fordert Kairo Geld, um einzuschreiten. Sogar Einwanderer aus Ländern wie Bangladesch nehmen einen Flug nach Ägypten nehmen und dann nach Libyen weiterreisen können, um ihre Reise zu beginnen.

Der Migrationskorridor von Libyen nach Kreta gilt mittlerweile als semi-permanent. Die Boote sind zahlreicher, besser koordiniert und oft mit GPS-Navigation und Satellitentelefonen ausgestattet. Griechische Beamte warnen, daß sich die Zahl der Ankünfte im Sommer wahrscheinlich verdoppeln wird, wenn nicht in der Nähe des Abfahrtsortes Druck ausgeübt wird. „Der Druck verlagert sich“, sagte ein Migrationsanalyst in Athen. „Wir sehen keine vereinzelten Ereignisse mehr. Wir beobachten, wie sich eine neue Front im zentralen Mittelmeerraum öffnet.“

Derweil bitten die Einwohner der Inseln um staatliche Hilfe. Die Notunterkünfte in Gavdos, Chania und Heraklion sind voll. Polizei und Küstenwache sind erschöpft. Die Regionalgouverneure fordern eine außerordentliche Koordinierungssitzung mit Ministern und warnen vor einem humanitären und logistischen Zusammenbruch.

Aus der JF-Ausgabe 28/25.

Migranten betreten ein Boot der Marine Griechenlands: Die Notunterkünfte auf dem Land sind voll. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Panagiotis Balaskas
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