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EZB-Stabilitätsreport: Wie die Verschuldungsbombe unseren Wohlstand gefährdet

EZB-Stabilitätsreport: Wie die Verschuldungsbombe unseren Wohlstand gefährdet

EZB-Stabilitätsreport: Wie die Verschuldungsbombe unseren Wohlstand gefährdet

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Litauen: Auch seine Neuverschuldungspläne gefährden die Stabilität der Eurozone. (Themenbild)
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Litauen: Auch seine Neuverschuldungspläne gefährden die Stabilität der Eurozone. (Themenbild)
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Litauen: Auch seine Neuverschuldungspläne gefährden die Stabilität der Eurozone. Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire
EZB-Stabilitätsreport
 

Wie die Verschuldungsbombe unseren Wohlstand gefährdet

Wieder einmal warnt die EZB vor steigender Neuverschuldung – und wieder hört keiner zu. Dabei müßten die neuen Zahlen auch dem neuen Kanzler Merz Sorgen bereiten. Ein Kommentar von Thorsten Polleit.
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Die EZB hat in ihrem jüngsten Stabilitätsreport darauf hingewiesen, daß die öffentliche Schuldenquote im Euroraum – also die Kreditmarktverschuldung relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) – mit 88,2 Prozent weiter über dem langfristigen Durchschnitt verharrt. Die geplante Neuverschuldung zur Finanzierung von Infrastruktur und Rüstung werde die Haushaltslage sogar verschlechtern, denn die gestiegenen Zinsen erhöhen die Kreditkosten. Das sei um so problematischer, weil die Produktivitätszuwächse und damit das Wachstum in vielen Euro-Ländern sehr gering sind – und daher könnten neue Zweifel an der Nachhaltigkeit der Staatsschulden aufkommen.

Die Warnung der EZB ist gerechtfertigt: So lag das Haushaltsdefizit aller Euro-Staaten in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt bei fünf Prozent des BIP. Auch wenn die Defizitquote 2024 auf 3,1 Prozent zurückging, lag sie damit weit über der langfristig erzielbaren BIP-Wachstumsrate im Euroraum von ungefähr 1,2 Prozent. Da die Euro-Staaten schon vor Begleichung ihrer Zinsrechnung mehr ausgeben, als sie einnehmen (Primärdefizit), steigt die Staatsverschuldung im Trendverlauf unerbittlich weiter an. Daher ist das Vorhaben, neue Staatsschulden im Euroraum aufzuhäufen, so brisant.

Schon jetzt werden fällige Schulden, die in Zeiten extrem niedriger Zinsen aufgenommen wurden, mit neuen Schulden, die einen deutlich erhöhten Zins tragen, erneuert. Nun noch zusätzliche Schulden aufzuhäufen, verteuert die Kreditkosten gewaltig. Und wenn die Staaten nicht ihre Ausgaben einschränken und/oder Einnahmen erhöhen, dann schwillt das Defizit weiter an, verschlechtert sich die Schuldentragfähigkeit der Euro-Staaten.

Die Warnung vor Neuverschuldung müßte entschiedener ausfallen

Vor allem die von der Merz-Regierung geplante Neuverschuldung im Billionenbereich besitzt eine gefährliche Sprengkraft. Sie würde Deutschlands öffentliche Schuldenquote von derzeit 62,5 Prozent in Richtung 90 Prozent katapultieren, eine seit 1948 nie dagewesene Schuldenlast. Die Zinsen für deutsche Schulden würden zudem absehbar steigen, damit auch die Kreditkosten für alle anderen Euro-Staaten in die Höhe befördern. Zudem wäre es wohl auch vorbei mit der Zurückhaltung anderer Euro-Staaten: Sie hätten fortan einen besonders großen Anreiz, ihre Neuverschuldung stark auszuweiten; zumal gleichzeitig auch die EU noch neue Schulden in Höhe von 800 Milliarden Euro aufnehmen will – zu schultern ebenfalls von den Steuerzahlern in den Euro-Ländern.

Die Warnung der EZB müßte weitaus entschiedener ausfallen. Es geht nicht nur um steigende Zinsen als Folge aus dem Ruder geratener Schulden. Denn wenn die offenen Rechnungen, die die anschwellende Staatsverschuldung heraufbeschwören, zu hoch werden, steigt der politische Druck auf die EZB: Sie solle doch bitte die Zinsen herunterdrücken, um im Krisenfall strauchelnde Staaten und/oder eine einknickende Wirtschaft mit neu geschaffenem Geld über Wasser zu halten. Unsolide Staatsfinanzen enden – und ein Blick in die leidvolle Währungsgeschichte zeigt das unumwunden – nur allzu häufig in einer Inflationspolitik, die die Kaufkraft des Geldes herabsetzt oder ganz zerstört. Das ist es, was die anschwellenden Euro-Staatsschulden so besonders bedrohlich macht.


Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirt und Herausgeber des „Boom & Bust Report“.

Aus der JF-Ausgabe 23/25.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Litauen: Auch seine Neuverschuldungspläne gefährden die Stabilität der Eurozone. Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire
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