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Zweidrittelmehrheit: Stellt die Linkspartei bald Verfassungsrichter?

Zweidrittelmehrheit: Stellt die Linkspartei bald Verfassungsrichter?

Zweidrittelmehrheit: Stellt die Linkspartei bald Verfassungsrichter?

Richter des Bundesverfassungsgerichts bei Urteilsverkündung: Prof. Dr. Doris König, Vizepräsidentin und Vorsitzende des Zweiten Senats, beim Betreten des Gerichtssaals zur Urteilsverkündung im Gerichtssaal des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König blickt auf leere Stühle: Bald muß auch ihr Nachfolger gewählt werden – mit der Linkspartei. Foto: IMAGO / Political-Moments
Richter des Bundesverfassungsgerichts bei Urteilsverkündung: Prof. Dr. Doris König, Vizepräsidentin und Vorsitzende des Zweiten Senats, beim Betreten des Gerichtssaals zur Urteilsverkündung im Gerichtssaal des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König blickt auf leere Stühle: Bald muß auch ihr Nachfolger gewählt werden – mit der Linkspartei. Foto: IMAGO / Political-Moments
Die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König blickt auf leere Stühle: Bald muß auch ihr Nachfolger gewählt werden – mit der Linkspartei. Foto: IMAGO / Political-Moments
Zweidrittelmehrheit
 

Stellt die Linkspartei bald Verfassungsrichter?

Da die Brandmauer zur AfD steht – rückt die Linkspartei ins Zentrum der Machtarithmetik. Ohne sie geht es bei den Wahlen zum Bundesverfassungsgericht nicht. Doch es gibt einen Notausgang.
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Die dunkelroten Bauern haben den schwarzen König mattgesetzt. Im Bundestag braucht die Union – im Zwang ihrer Brandmauer zur AfD – die Linkspartei für Zweidrittelmehrheiten, die etwa für Grundgesetz-Änderungen benötigt werden. Im Sommer stehen die Wahlen von drei Bundesverfassungsrichtern auf der Tagesordnung und darauf freut sich nun die Linkspartei.

„Wir wissen, daß es auch auf unsere Stimmen ankommt“, sagt die amtierende rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Clara Bünger, der taz. Offiziell gibt sie sich staatsmännisch. Es gehe ihr in erster Linie um eine „gute Besetzung“ der freiwerdenden Posten. Doch ihr Machtanspruch wächst.

Wie werden Verfassungsrichter gewählt?

Denn der einst festgefügte Bundestagsblock aus Union, SPD, Grünen und FDP ist zerbröselt. Letztere können keine Zweidrittelmehrheiten mehr mittragen – sie sitzen in der außerparlamentarischen Opposition. Bislang war das Verfahren inoffiziell nach der Formel 3:3:1:1 verteilt. Union und SPD schlugen jeweils drei Richter vor, Grüne und FDP jeweils einen.

Das Bundesverfassungsgericht setzt sich aus zwei Senaten zu je acht Richtern zusammen. Diese 16 Richter werden mit Zweidrittelmehrheit je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Die Amtszeit beträgt zwölf Jahre.

Die Union braucht Stimmen, wo sie keine suchen wollte

Den ersten Härtefall liefert die Nachfolge von Verfassungsrichter Josef Christ. Dessen Amtszeit endete bereits am 30. November – seither führt er das Amt geschäftsführend weiter, bis ein Nachfolger gewählt wird. Das Vorschlagsrecht liegt bei der Union. Ihr Wunschkandidat Robert Seegmüller, derzeit Richter am Bundesverwaltungsgericht, gilt als Konservativer in der Asylfrage. Gerade das macht ihn in den Augen der Grünen untragbar. Auch Bünger von der Linkspartei äußert Vorbehalte: „Beim Vorschlag Robert Seegmüller haben wir noch Gesprächsbedarf“ – und darauf muß sich die Union nun einstellen.

Denn eigentlich hatten sich Christdemokraten und Christsoziale in einem Unvereinbarkeitsbeschluß ausdrücklich gegen jede Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgesprochen. Deren Beteiligung an der Wahl der Verfassungsrichter stellt sie nun vor ein Dilemma. Doch wer Verfassungsrichter wählen will, braucht Stimmen, und im Sinne des Konrad Adenauers zugerechneten Zitats „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ klüngelten Union und Linkspartei bereits zur historischen Kanzlerwahl von Friedrich Merz zusammen an der Geschäftsordnung des Bundestages herum.

Büngers Einfluß beschränkt sich dabei nicht auf das Nein. Sie fordert ein Vorschlagsrecht für ihre Fraktion – will die FDP in ihrer Rolle also mindestens beerben. „Perspektivisch sollte auch die Linke ein Vorschlagsrecht für neue Verfassungsrichter bekommen“, fordert Bünger. Mitreden im Hinterzimmer.

Die Fluchtroute Bundesrat steht offen

Die zwei weiteren Plätze am Bundesverfassungsgericht werden erst im Laufe des Jahres vakant. In beiden Fällen liegt das sogenannte Vorschlagsrecht bei den Sozialdemokraten. Neben Richter Ulrich Maidowski, der aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig zum 30. September ausscheiden will, steht der Platz von Vizepräsidentin Doris König im Zentrum machtpolitischer Spielchen. Ab dem 30. Juni muß ein Nachfolger bestimmt werden – der dann voraussichtlich 2030 Präsident des Bundesverfassungsgerichts wird, wenn Amtsinhaber Stephan Harbarth (CDU) Karlsruhe verläßt. Ein wichtiges Amt, bei dem die Linkspartei nun mitreden wird.

Doch die „Parteien der Mitte“ haben sich bereits vor der Bundestagswahl einen Ausweg gebaut. Sollte der Bundestag sich nicht einigen, rutscht das Vorschlagsrecht stillschweigend in den Bundesrat – wo Schwarz-Rot-Grün-Gelb noch bequem zusammenfinden. Doch der Schritt durch die Hintertür könnte wie ein Kontrollverlust wirken und daher weiß Bünger, „daß es auch auf unsere Stimmen ankommt“.

Die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König blickt auf leere Stühle: Bald muß auch ihr Nachfolger gewählt werden – mit der Linkspartei. Foto: IMAGO / Political-Moments
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